Ausgabe August 2005

Der Sieg der Pantoffeltierchen

Es gibt Anzeichen, dass die Außerirdischen schon unter uns sind, bei uns, in uns. Es wird erahnbar, wie sie ihre zerstörerische Wirkung zu entfalten gedenken: mit dem Mittel der Retrogradierung. Das heißt, die befallenen Erdenbewohner wachsen plötzlich rückwärts, nicht körperlich, sondern geistig, weshalb die Sache auch so lange unentdeckt bleiben konnte. Jetzt aber lässt sich der fatale Prozess bei einer Ikone der US-Weltkultur exemplarisch nachweisen.

In Steven Spielbergs neuestem Film Krieg der Welten kommt eine Entwicklung im Schaffen dieses Regisseurs zu einem vorläufigen Endpunkt, die sich an der Gestaltung der extraterrestrischen Figuren ablesen lässt: Sie ist durch den Übergang von einer nachdenklich-differenzierten (in Filmen wie E.T. oder Unheimliche Begegnung der dritten Art) zu einer naiv-infantilen Perspektive (die schon mit Jurassic Park begann) gekennzeichnet. In Krieg der Welten sind die Außerirdischen monumentale Maschinen-Saurier, die sozusagen chemisch rein das Böse verkörpern. Ohne jedes erkennbare Motiv überfallen sie die menschliche Zivilisation, das heißt in Hollywood eine amerikanische Kleinstadt, und die Bewohner sind ihnen hilflos ausgeliefert. In einigen äußerst aufwändigen Special-Effect-Szenen wird der Untergang ebenso grässlich-realistisch wie lautstark inszeniert, eine nennenswerte Verteidigung gibt es trotz einiger durchs Bild fahrender Panzerkolonnen nicht.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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