Ausgabe Juli 2022

Kurzgefasst

David Wallace-Wells: Globaler Hunger: Der Preis des Krieges, S. 49-58

Die russische Invasion der Ukraine hat den Hunger auf der Welt deutlich verschärft. Doch bereits zuvor ließen Corona-Pandemie und Klimawandel die Lebensmittelpreise ansteigen. Diese Entwicklung ist womöglich erst der Anfang eines globalen Trends, warnt der Historiker David Wallace-Wells. Es handelt sich nicht um ein Versagen der landwirtschaftlichen Produktion, sondern um eines der globalen Lebensmittelmärkte.

Dirk Messner: Taumelnde Weltordnung. Die Zeitenwende und die globale Klimapolitik, S. 59-68

Die Weltordnung ist ins Taumeln geraten, das zeigt der Ukraine-Krieg wie unter einem Brennglas. Doch die viel beschworene Zeitenwende darf sich nicht auf die Sicherheitspolitik beschränken, sondern muss die vielfältigen globalen Interdependenzkrisen in den Blick nehmen, allen voran den Klimawandel, so der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner. Nur wenn wir unseren eurozentrischen Blick hinterfragen und mehr Kooperation wagen, kann der Aufbruch aus der Weltordnungskrise gelingen.

Michael R. Krätke: Russlands Krieg, Chinas Dilemma, S. 71-78

Oft heißt es, China stehe im Ukraine-Krieg auf der Seite Russlands. Doch das ist eine drastische Fehleinschätzung, so der Politikwissenschaftler Michael R. Krätke. Vielmehr befindet sich die Volksrepublik in einem strategischen Dilemma: Sie will den russischen Partner nicht fallen lassen, doch dessen Aggression widerspricht grundlegenden chinesischen Interessen. So wächst mit zunehmender Kriegsdauer auch in Peking das Missfallen über den russischen Angriffskrieg.

Hans-Jürgen Urban: Zeitenwende wohin? Die moralische Empörungsspirale als Sackgasse, S. 79-88

Seit dem russischen Angriffskrieg bestimmt hierzulande ein neues Paradigma die öffentliche Debatte: die von Olaf Scholz ausgerufene „Zeitenwende“. Es zielt auf eine rigorose Abrechnung mit wesentlichen Teilen deutscher Geschichte und Politik, kritisiert Hans-Jürgen Urban, Vorstandsmitglied der IG Metall und „Blätter“-Mitherausgeber. Dabei treibe ein fatales Zusammenspiel aus Moralisierung, Militarisierung und Boulevardisierung die gesellschaftliche Stimmung in eine Empörungsspirale und verunmögliche rationale Lösungsansätze.

Klaus Naumann: Bellizismus oder Selbstbehauptung: Was heißt heute abwehrbereit?, S. 89-94

Seit Jahren verschwindet die Bundeswehr immer weiter aus der öffentlichen Wahrnehmung. Dennoch sieht sich mit einem Bellizismus-Vorwurf konfrontiert, wer aufgrund des Ukraine-Kriegs die Streitkräfte aufrüsten will. Der Historiker und „Blätter“-Mitherausgeber Klaus Naumann fordert: Abwehrbereitschaft muss heute neu definiert werden.

Claus Leggewie: Regime Change gegen Putin? Was denn sonst!, S. 95-100

Ein dauerhafter Frieden zwischen Russland und der Ukraine ist mit Wladimir Putin kaum denkbar. Der Westen sollte daher für einen Regime Change in Russland eintreten, so der Politikwissenschaftler und „Blätter“-Mitherausgeber Claus Leggewie – ohne eine atomare Eskalation zu riskieren.

Herfried Münkler: Regime Change gegen Putin? Dringend davon abzuraten!, S. 101-106

Mit dem Projekt eines Regimewechsels in Moskau würde der Westen ein unkontrollierbares Risiko eingehen, warnt der Politologe Herfried Münkler. Ein solcher muss scheitern, solange sich die Haltung der russischen Bevölkerung gegenüber dem Rentierstaat nicht fundamental verändert.

Kristin Helberg: Syrien helfen – den Menschen, nicht dem Regime!, S. 107-112

Ein politischer Wandel in Syrien scheint vorerst undenkbar. Dennoch darf der Westen die Zivilbevölkerung nicht im Stich lassen, so die Journalistin Kristin Helberg. Dafür sollten EU und USA vorübergehend die Vierteilung des Landes akzeptieren und auf regionale Verbesserungen setzen.

Joseph Vogl: Die Macht des Ressentiments. Wie die Finanzindustrie den autoritären Liberalismus stärkt, S. 113-120

Ressentiments ziehen sich durch alle sozialen Schichten, wie der Aufstieg des Rechtspopulismus zeigt, der auch von Teilen des bürgerlichen Milieus unterstützt wird. Der Aufstieg der zugrundeliegenden Abneigungsstrukturen ist eng mit dem Kapitalismus verbunden, so der Philosoph Joseph Vogl – und diese Verbindung besitzt eine lange Tradition.

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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