Ein fünfhundertjähriges Reich? Zum Grenznutzen der Dependenztheorie
Einem sich offensichtlich wieder einbürgernden Usus folgend will ich diesen Artikel mit einer Rückbesinnung einleiten. Im Jahre 1974 habe ich einen Aufsatz mit dem bezeichnenden Titel „Zur Ideologiekritik der lateinamerikanischen Theorien der Unterentwicklung und Abhängigkeit" veröffentlicht (Hurtienne 1974). Dort stellte ich unter dem Einfluß der lateinamerikanischen Diskussion über die Tragfähigkeit der Abhängigkeitstheorie (Cordova 1973, Laclau 1974, Cardoso 1974) fest, daß die wissenschaftliche Diskussion um die Ursachen der Unterentwicklung der Länder der Dritten Welt und der Peripherie Europas Anfang der 70er Jahre in ein neues Stadium getreten sei: „Der forcierte Kapitalakkumulationsprozeß in Brasilien, Mexiko, Iran und den Exportökonomien Südostasiens rückte schlagartig die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen kapitalistischer Industrialisierung in der Dritten Welt in den Mittelpunkt der empirischen und theoretischen Arbeiten der verschiedenen Schulen der Theorie der Unterentwicklung" (Hurtienne 1974, S. 213).