Ausgabe März 2000

Parteienstaat in der Sackgasse

"Tangentopoli" - von tangenti, Schmiergelder - hieß in der italienischen Öffentlichkeit schon früh die Affäre, die in der ersten Hälfte der 90er Jahre im Gefolge staatsanwaltlicher Korruptionsaufklärung das Parteiensystem des Landes durcheinanderwirbelte und zum Untergang der Democrazia Cristiana ebenso wie der von ihr dominierten Ersten Republik führte. Gewiß, Deutschland ist nicht Italien und die CDU keine Democrazia Cristiana. Das deutsche Tangentopoli bleibt auch im dritten oder vierten Monat "brutalstmöglicher Aufklärung" (Roland Koch) namenlos. Aber läßt sich überhaupt begreifen, was sich da abspielt, solange das Stück nicht einmal seinen Titel hat? Parteispendenaffäre? Harmloser geht es kaum. Was da unter dem gefälligen Etikett "Spenden" gehandelt wird, beschäftigt mittlerweile Staatsanwaltschaften und Untersuchungsausschüsse als Verfassungs- und Gesetzesbruch, als Fälschung von Finanzberichten, Führung schwarzer Konten, Geldwäsche, Belügen der Öffentlichkeit… Wer eine erste Bilanz ziehen will, stößt auf mehr Fragen als Antworten, auf Chancen, die "handhabbar" gemacht, und Risiken, die präziser bezeichnet werden müssen. Wir haben eine Reihe namhafter Persönlichkeiten aus Politik-, Rechts- und Sozialwissenschaft zu klärenden Stellungnahmen* eingeladen. - D. Red. * Der Einladung waren einige Fragen beigefügt, deren Beantwortung die Mehrzahl der folgenden Beiträge mittelbar strukturiert. Verkürzt lauten sie: 1.

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Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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