Ausgabe Januar 2000

Abschied von der Konkordanz?

Die Zukunft des Schweizer Politiksystems

 

„Der Geist des Faschismus schwebt über Europa“, titelte der englische „Independent“ am 25. Oktober 1999, dem Tag nach den Schweizer Parlamentswahlen. Auch die deutsche Presse schien sich weitgehend einig, dass ein veritabler Rechtsrutsch durch die Schweiz gegangen sei. Schaut man genauer hin, müssen diese Einschätzungen – die im wesentlichen auf einer falschen Hochrechnung vom Wahlsonntagabend basieren – erheblich relativiert werden. Die große Siegerin, die Schweizerische Volkspartei (SVP), ist so wenig faschistisch wie die britischen Konservativen oder die bayrische CSU. Es trifft zwar zu, dass die deutlich rechts politisierende SVP unter der Führung von Christoph Blocher 7,6% und 15 Sitze im Nationalrat gegenüber 1995 zugelegt hat und damit in der Schweiz knapp vor den Sozialdemokraten zur stärksten Partei avancierte. 1995 noch viertstärkste Partei hat sie damit ihre beiden Konkurrentinnen im bürgerlichen Lager, die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) und die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP), deutlich hinter sich gelassen (vgl. Tabelle 1). Ein Erfolg, der nicht nur alle Politbeobachter, sondern wohl auch die SVP selbst überraschte.

Tabelle 1

Dieser Erfolg ging indes nicht zu Lasten der Linken.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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