Ausgabe August 2009

20 Millionen Deutsche zu viel

20 Millionen Deutsche zu viel

Der „Spiegel“ war im Umschreiben der Geschichte schon immer erfolgreicher als der „Stern“. Dessen Hitler-Tagebücher hatten nicht den korrekten Autor. Das deutsche Nachrichtenmagazin aber schuf mit Hilfe eines echten Verfassungsschützers, der von einem echten SS-Obersturmbannführer munitioniert und von einem gleichrangigen SS-Kollegen redigiert wurde, das Dogma von der Unschuld der Nazis am Reichstagsbrand. Rudolf Augstein damals: „Es bleibt nicht der Schatten eines Beleges, um den Glauben an die Mittäterschaft der Nazi-Führer lebendig zu erhalten.“

Das war 1959. Genau ein halbes Jahrhundert später ist in der „Spiegel“-Sommerflaute ein weiterer Freispruch für Hitler fällig: „90 Jahre Versailler Vertrag. Der verschenkte Frieden. Warum auf den Ersten Weltkrieg ein zweiter folgen musste.“

Musste. Nicht die Deutschen, nein, die Sieger von 1918 sind schuld. An ihrer Spitze der französische Ministerpräsident Georges Clemenceau, „klein gewachsen“ und mit „pergamentfarbener Haut und buschigem Schnurbart“. Er hatte ein Motiv, möglichst viele Deutsche auszurotten.

In roter Farbe steht da schon auf der zweiten Seite des Textes die Zwischenüberschrift: „Der Fehler der Deutschen ist, dass es 20 Millionen zu viel von ihnen gibt.“ Und die fünfte Seite bestätigt: Dieser Satz stammt von Clemenceau.

Sie haben etwa 38% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 62% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo