Ausgabe November 2011

Keine Bewegung ohne Wurzeln

Was der amerikanischen Linken fehlt

Auch wenn es seit jüngstem zu heftigen Demonstrationen unter dem Motto „Occupy Wall Street“ kommt und zu Anfang des Jahres kraftvolle Abwahlkampagnen gegen rechte Senatoren Wisconsin in Unruhe versetzten: Bislang haben es weder Gewerkschafter noch andere Kritiker von Unternehmermacht und staatlicher Sparpolitik geschafft, eine ernst zu nehmende Bewegung gegen jene Politik zu mobilisieren, die die Vereinigten Staaten in die Rezession getrieben hat. Im Gegenteil, manchmal sollte man gerade dann aufmerksam werden, wenn bestimmte Veränderungen ausbleiben. Zumal in dieser Lage: Amerikas wirtschaftliche Misere hält an, die Arbeitslosigkeit stagniert und die Hausverkäufe stagnieren oder gehen zurück. Die Kluft zwischen den reichsten Amerikanern und den restlichen Bürgerinnen und Bürgern ist tiefer denn je seit den 20er Jahren. Doch anstatt dass linke Kräfte das Ruder herumreißen, hat die Rebellion der Tea Party – angeführt von Veteranen der (neo-)konservativen Bewegung und finanziert durch Milliardäre – Politiker der Demokraten wie auch der Republikaner genötigt, die Bundesausgaben zusammenzustreichen. Gleichzeitig haben sie Vorstöße zunichte gemacht, die Reichen zu besteuern und Banker für ihre Verfehlungen zur Rechenschaft zu ziehen. Eine der Folgen ist, dass Barack Obama immer weniger einem zweiten Franklin D.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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