Ausgabe Februar 2017

Der neue Hass auf das Establishment und die Sehnsucht nach dem Feind

Am 9. Januar starb im Alter von 91 Jahren der polnisch-britische Soziologe und Zeitdiagnostiker Zygmunt Bauman. In seinem letzten Text, den wir hier erstmalig in deutscher Sprache präsentieren, stellt er das Erstarken populistischer Führer in einen großen historischen Horizont. Das englische Original erschien bei www.socialeurope.eu, die Übersetzung stammt von Daniel Bussenius. Von brennender Aktualität bleiben auch Baumans weitere Analysen in den „Blättern“: „Die Welt in Panik. Wie die Angst vor Migranten geschürt wird“ (10/2016, S. 41-50) und „Das Ende der Anonymität. Was Drohnen und Facebook verbindet“ (10/2013, S. 51-62). – D. Red.

Ich erinnere mich nach wie vor lebhaft an etwas, das immer weniger Menschen noch präsent ist und sein kann, je mehr Zeit vergeht: Es sind die Worte, mit denen Nikita Chruschtschow jene moralische Blindheit und Unmenschlichkeit bezeichnete, die bis dahin Kennzeichen des sowjetischen Regimes gewesen waren. Vorausgegangen war sein Beschluss, die Verbrechen des Regimes zu entlarven, öffentlich anzuprangern und zu verurteilen, um ihre Wiederholung zu verhindern. Er sprach von „Fehlern und Deformationen“, die Josef Stalin bei der erfolgreichen Umsetzung einer im Wesentlichen gesunden, richtigen und zutiefst ethischen Politik begangen habe.

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In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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