Ausgabe November 2015

Im Endspielmodus

Siegt sich der Kapitalismus tatsächlich zu Tode?

In einem glänzenden Essay, der im Frühjahr dieses Jahres in zwei Folgen in den „Blättern“ erschien,[1] analysiert Wolfgang Streeck die Entwicklung des Kapitalismus seit der Mitte der 1970er Jahre und wagt eine Prognose über den weiteren Lauf der Dinge. Die Verflechtung dreier Langzeittrends – Rückgang des wirtschaftlichen Wachstums, Anstieg der Gesamtverschuldung, zunehmende Ungleichheit der Einkommen und Vermögen – weise schon rein ökonomisch in die Richtung einer chronisch werdenden Krise der Kapitalakkumulation. Vermeintliche Auswege wie die Politik der unbegrenzten Geldversorgung oder der Prozess der Finanzialisierung verschärften die Krise in Wahrheit nur, indem sie sie teils, und ohne echten Lösungsansatz, vertagten, teils bloß in andere Sektoren exportierten – mit wachsendem Crashpotential. Platzende Blasen wie die der New Economy zur Jahrhundertwende oder des Hypothekenmarkts ab 2008 mit nachfolgender Beinahe-Kernschmelze des globalen Finanzsystems hätten kein Umsteuern bewirkt. Zu verzeichnen sei vielmehr forciertes Weitermachen in ökonomischer und politischer Hinsicht, zuzüglich einer fortschreitenden Entdemokratisierung gesellschaftlich höchst relevanter Entscheidungsprozesse.

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Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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