Ausgabe Dezember 2016

Deutschland, deine Lichtgestalten

Was haben wir Deutschen doch für ein Glück! Da verlieren wir in diesem Jahr nach Franz Beckenbauer, dem elenden WM-Einkäufer, tatsächlich noch die zweite Lichtgestalt, den wunderbaren Sonntagsprediger namens Gauck, aber prompt entsteht uns eine neue: „The one and only“, Frank-Walter Steinmeier, geliebt und geachtet von Millionen, wird unser neuer Bundespräsident! Deutschlands erster Diplomat, oder sollte man besser sagen: Deutschlands erster Bürokrat? Was könnte schließlich besser zu uns Deutschen passen – als jener Mann, der immer weiter nach oben fiel.

Erst Kanzleramtsminister unter Schröder, dann Außenminister unter Merkel, doch immer ganz die graue Eminenz hinter den Kulissen der Macht (Murat Kurnaz zum Schaden). Und als er sich einmal, Kurt Beck war frisch gemeuchelt, unter die normalen Leute wagte, als Kanzlerkandidat 2009, da fuhr er für seine SPD prompt mit 23 Prozent das bis heute schlechteste Ergebnis ein. Was jedoch seinem weiteren Aufstieg nicht im Wege stand: Wo jeder andere geschasst worden wäre, wurde Steinmeier mit dem Posten des SPD-Fraktionsvorsitzenden belohnt.

Nun also die finale Krönung dieser deutschen Musterbiographie: Bellevue! Nicht dass bisher eine einzige nennenswerte Steinmeier-Rede erinnerlich wäre. Und dass er mit seiner Agenda 2010 zur sozialen Befriedung des Landes beigetragen hätte, wird man auch nicht behaupten können.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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