Ausgabe November 2016

Parallelwelt Lobbyismus

Bild: Droemer Knaur

José Manuel Barroso fühlt sich diskriminiert. Weil der ehemalige Präsident der EU-Kommission als „Geschäftsführer ohne besondere Aufgaben“ bei Goldman Sachs tätig wird, will ihm sein Amtsnachfolger Jean-Claude Juncker die Privilegien eines Ex-Chefs der Behörde streichen und ihn in Brüssel nur noch als „Interessenvertreter“ empfangen. Damit reagiert er auf anhaltende Kritik an Barrosos neuem Job und versucht, die aufflammende Debatte um striktere Lobby-Regeln in Brüssel einzudämmen. Denn der Verdacht liegt nahe, dass Barroso Kenntnisse und Kontakte aus seiner Zeit als aktiver Politiker in seiner neuen Tätigkeit nutzen wird – und genau deswegen angeheuert wurde.

An Konflikte wie diesen denken die meisten, wenn es um Lobbyismus geht. Dass Politiker regelmäßig in die Schlagzeilen geraten, weil sie aus ihrem Amt direkt als „strategische Beraterin“ oder „Generalbevollmächtigter“ zu einem großen Unternehmen wechseln, füllt im neuen Buch von Uwe Ritzer und Markus Balser aber nur eines der zehn Kapitel. Den beiden Journalisten der „Süddeutschen Zeitung“ geht es nicht darum, einzelne Bösewichte zu entlarven oder „die Lobbyisten“ als solche an den Pranger zu stellen.

Sie haben etwa 14% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 86% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Vom Proletariat zum Pöbel: Das neue reaktionäre Subjekt

von Micha Brumlik

Gewiss, es waren keineswegs nur Mitglieder der US-amerikanischen weißen Arbeiterklasse, die Donald Trump an die Macht gebracht haben. Und doch waren es auch und nicht zuletzt eben jene Arbeiter und Arbeitslosen – und genau hier liegt das eigentliche Erschrecken für die Linke.