Ausgabe November 2017

Gewalt der Empörten: Die Riots von Hamburg

Dann immer es zu massiver Protestgewalt kommt wie zuletzt beim G20-Gipfel in Hamburg, entspinnt sich ein Deutungskampf. Die am Status quo orientierten Kräfte bezeichnen ihre Herausforderer als Randalierer oder gar Terroristen und sprechen ihnen jegliche Legitimation ab. Diejenigen, die zur Protestgewalt greifen, bestreiten wiederum die Legitimität der Herrschenden, zumindest aber einzelner politischer Entscheidungen. Entsprechend verstehen sie sich, abhängig von der jeweiligen Konfliktkonstellation, als Befreiungsbewegungen, als Vorkämpfer einer neuen und gerechten Ordnung, als Anwälte der Schwachen und Entrechteten oder als Korrektiv für massive Fehlentwicklungen.

Nicht immer hat allerdings die kategorische Verurteilung der Protestgewalt durch Machthaber, herrschende öffentliche Meinung und aufgeschreckte Teile der Bevölkerung Bestand. Man denke nur an die Erstürmung der Pariser Bastille am 14. Juli 1789 – zweifellos ein Akt der Gewalt, dem aber heute mit einem nationalen Feiertag ehrend gedacht wird. Teilweise wird sogar vorausschauend die Möglichkeit eingeräumt, legalen Widerstand zu praktizieren, der, so die Interpretation mancher Staatsrechtler, das Mittel der Gewalt nicht ausschließt.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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