Ausgabe Februar 1990

Gemeinsame Mitteilung über die Gespräche von Bundeskanzler Kohl und Ministerpräsident Modrow vom 20. Dezember 1989 (Wortlaut)

Auf Einladung des Vorsitzenden des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik, Hans Modrow, hielt sich der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Helmut Kohl, am 19. und 20. Dezember 1989 zu einem Arbeitstreffen in der Deutschen Demokratischen Republik auf. Die Gespräche fanden in Dresden statt.

Beide führten einen umfassenden Meinungsaustausch über Stand und Entwicklungsmöglichkeiten in den Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik sowie über aktuelle internationale Fragen.

Sie waren sich einig, daß diese Beziehungen untrennbar mit den West-Ost-Beziehungen verknüpft und in den gesamteuropäischen Prozeß eingebettet sind.

Die europäischen Reformprozesse zur Verwirklichung von Freiheit, Menschenrechten und Demokratie müssen auch ausgerichtet sein auf eine dauerhafte Stabilität in ganz Europa. Die Deutschen in beiden Staaten haben eine besondere Verantwortung, mit Behutsamkeit und Geduld auf eine organische Entwicklung hinzuwirken, die diesem Ziel dient und zugleich den Interessen aller anderen Beteiligten Rechnung trägt.

Bundeskanzler Kohl und Ministerpräsident Modrow stimmten überein, daß ein auf die gemeinsame Verantwortung für den Frieden und eine Vertragsgemeinschaft in den Beziehungen begründetes gutnachbarliches Verhältnis zwischen beiden Staaten von großer Bedeutung für die Stabilität in Europa ist und einen Beitrag zu einer neuen europäischen Architektur darstellt.

Nach ihrer Auffassung berechtigen die bisherigen Veränderungen zu der Hoffnung, daß die Teilung Europas überwunden und gemäß den Zielsetzungen der Schlußakte von Helsinki und der anderen KSZE-Dokumente eine europäische Friedensordnung gestaltet werden kann, die getragen wird von der uneingeschränkten Achtung der Grundsätze und Normen des Völkerrechts, insbesondere des Selbstbestimmungsrechts der Völker sowie der Menschenrechte. Die europäischen Völker sollten in Wahrnehmung ihres Selbstbestimmungsrechtes in souveräner, demokratischer Entscheidung und bei freier Wahl des eigenen Entwicklungsweges das gemeinsame europäische Haus errichten.

Beide Seiten werden sich für eine aktive Weiterführung des KSZE-Prozesses einsetzen. Sie stimmten überein, daß der Vorschlag, 1990 eine KSZE-Gipfelkonferenz abzuhalten, unter der Voraussetzung einer guten Vorbereitung den künftigen Entwicklungen in Europa Stabilität und neue Perspektiven geben kann.

Sie bekannten sich vorbehaltlos zu allen im KSZE-Prozeß eingegangenen Verpflichtungen und erklärten die Absicht ihrer Regierungen, bei der Verwirklichung der Prinzipien und Bestimmungen der KSZE-Dokumente, auch im Menschenrechts- und humanitären Bereich, Beispielhaftes zu leisten. [...]

 

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