Im fundamentalen Unterschied zum übrigen Osteuropa bedeutete das Ende der kommunistischen Herrschaft für Jugoslawien nicht die Stunde der Innenpolitik, der Auseinandersetzung um das politische System, um die Wirtschafts- und Sozialpolitik, um die Kultur und das Schulwesen. Statt dessen strebte jedes Volk auf dem Territorium Jugoslawiens nach der Bildung eines eigenen Nationalstaates. Wer daran nicht mitarbeiten wollte, galt als Volksverräter. Zunächst sollte die Staatskrise beendet werden. Und die Bürger, jeden Tag mit Kriegsberichten konfrontiert, äußerten Verständnis für diese Prioritätensetzung. Über die Innenpolitik wurde und wird in Serbien kaum geredet. Eine demokratische Opposition kann in einer Kriegsstimmung nur schwer überleben.
Während alle Welt von der Demokratisierung der sozialistischen Gesellschaften redete, konnte jegliche weitere Dezentralisierung für Jugoslawien nur Desintegration bedeuten. Ohne eine verantwortungsvolle politische Elite, ohne funktionierende demokratische Institutionen zerbrach der jugoslawische Staat, kaum daß der politische Pluralismus eingeführt war.