1. Ignoranz und Arroganz der politischen Kaste
Die politischen Akteure und der gegenwärtige Zustand der Parteien stellen für die Wähler im Frühjahr 1993 ein größeres Problem dar als der Zustrom von Asylbewerbern, die gewalttätigen Aktionen gegen Ausländer, die ökonomische Lage im Lande oder die Finanzierungsprobleme der deutschen Vereinigung. Nur die Lage am Arbeitsmarkt wird von den Bürgern als problematischer empfunden. Der Unmut über Politiker und Parteien richtet sich sicherlich auch gegen einzelne in Affären verstrickte Akteure. Gemeint aber sind in erster Linie die Politiker insgesamt, die die Sorgen und Nöte, Ängste und Probleme, Interessen und Bedürfnisse der Bürger nicht mehr kennen und auch gar nicht mehr kennenlernen wollen. Da mögen sich Politiker noch so sehr gegen das "Gerede von der politischen Klasse" wehren, es für analytisch "falsch" halten und sich dagegen aussprechen, die "Unterschiede zwischen Politikern und Parteien zu vermischen" 1).
Die Bürger empfinden inzwischen alle politischen Akteure bei allen auch ihnen bekannten Unterschieden zwischen einzelnen Personen und Parteien als eine "politische Kaste", die sich in einem einig ist, nämlich in der Abschottung denen gegenüber, deren Interessen sie eigentlich vertreten sollen.