6.2. - F i n n l a n d. Die Bevölkerung entscheidet in einer Stichwahl über die Nachfolge des scheidenden Staatsoberhaupts Mauno Koivisto. Zum neuen Präsidenten wird mit 53,9% der Stimmen der sozialdemokratische Kandidat Martti Ahtisaari gewählt. Auf die zweite Kandidatin, Verteidigungsministerin Elisabeth Rehn, die der schwedischen Minderheit angehört, entfallen 46,1% der Stimmen.
7.2. - J u g o s l a w i e n. Der bosnische Serbenführer Karadzic erörtert mit den beiden Vermittlern Owen (Vereinte Nationen) und Stoltenberg (Europäische Union) die Möglichkeit eines Separatfriedens für Sarajewo vor einer umfassenden Friedensregelung für Bosnien. Ein UN-Sprecher teilt dazu in Genf mit, es sei beabsichtigt, Sarajewo unter die Verwaltung der Vereinten Nationen zu stellen und die Umgebung der Stadt zu entmilitarisieren. Am 9.2. konferieren Stoltenberg und Owen in Genf mit den Außenministern der Nachbarstaaten des früheren Jugoslawien. Vertreten sind Albanien, Bulgarien, Griechenland, Italien, Österreich, Rumänien und Ungarn. Am 10.2. kritisiert Rußland den NATO-Beschluß vom 9.2. und die darin enthaltene Androhung von Bombenangriffen auf serbische Stellungen rund um Sarajewo. Das Recht auf die Durchführung von Luftschlägen sei allein Sache der UNO. Der Sprecher des russischen Außenministeriums verlangt gleichzeitig eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats. Noch am gleichen Tag tritt ein durch die Schutztruppe der Vereinten Nationen (UNPROFOR) vermittelter Waffenstillstand für Sarajewo in Kraft. Die Vereinbarung wird nicht schriftlich fixiert, sondern beruht auf mündlichen Vereinbarungen. - Am 17.2. sucht der russische Vizeaußenminister Tschurkin den Serbenführer Karadzic in Pale auf, um mit einem Brief von Präsident Jelzin auf den Abzug der serbischen schweren Waffen aus der Umgebung der bosnischen Hauptstadt zu drängen. Tschurkin sagt gleichzeitig die Verlegung von mindestens 400 russischen Blauhelm-Soldaten von Kroatien in die serbischen Gebiete zu. Wenig später bestätigt das UNPROFOR-Kommando den Beginn des Waffenabzuges. - Am 18.2. trifft die EUTroika, vertreten durch die Außenminister von Belgien, Griechenland und der Bundesrepublik, in Athen mit dem russischen Außenminister Kosyrew zu Beratungen über den Bosnien-Konflikt zusammen. - Am 21.2. heißt es in Moskau, Rußland sehe im Abzug der serbischen Geschütze aus dem Raum Sarajewo und in der Verhinderung von Luftangriffen der NATO einen Erfolg der eigenen Diplomatie. Präsidentensprecher Kostikow erklärt gegenüber einer Nachrichtenagentur, die NATO und die UNO hätten die Spannung in Bosnien an den Rand einer Weltkrise eskaliert. - Am 23.2. schlägt der russische Präsident Jelzin in Schreiben an die Regierungen Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und der USA ein Gipfeltreffen über den Balkan-Konflikt vor. Das Treffen solle in Bonn, Genf, Moskau oder einer anderen Stadt stattfinden, um ein Dokument von historischer Bedeutung zur Beendigung des Blutvergießens im früheren Jugoslawien auszuarbeiten. - Am 1.3. unterzeichnen der bosnische Mnisterpräsident Silajdzic, der kroatische Außenminister Granic sowie der Vertreter der bosnischen Kroaten Zubak ein Rahmenabkommen über die Schaffung einer aus zwei Bevölkerungsgruppen bestehenden Föderation in Bosnien (Text in "Dokumente zum Zeitgeschehen"). Beigegeben ist eine vorläufige Vereinbarung über eine Konföderation zwischen Kroatien und der noch zu schaffenden bosnischen Föderation. Die Unterzeichnung findet unter Schirmherrschaft von US-Außenminister Christopher im State Department in Washington statt. Ein zur Durchführung der Abkommen eingesetzter Lenkungsausschuß tritt am 4.3. in der amerikanischen Botschaft in Wien zusammen.
9.2. - N A T O. Der Nordatlantikrat verlangt in einem in Brüssel gefaßten Beschluß die Beendigung der anhaltenden Belagerung der bosnischen Hauptstadt Sarajewo. Innerhalb von zehn Tagen sollten die schweren Waffen (heavy weapons) aus einer Sperrzone von 20km um das Stadtzentrum abgezogen oder unter die Kontrolle der Schutztruppe der Vereinten Nationen (UNPROFOR) gestellt werden. Die in der Sperrzone verbliebenen schweren Waffen jeder Partei, die nicht unter UNPROFOR-Kontrolle stehen, seien nach Ablauf dieser Frist "NATO-Schlägen aus der Luft ausgesetzt". Der Oberbefehlshaber der "alliierten Streitkräfte Europa-Süd" wird mit entsprechenden Vorbereitungen beauftragt. Der Beschluß, in Presseberichten als "Ultimatum" bezeichnet, geht auf einen Brief von UNGeneralsekretär Boutros-Ghali an NATO-Generalsekretär Wörner vom 6.2. zurück (vgl. die Texte in "Blätter", 3/1994, S. 373 ff.). Am 21.2. heißt es in einer in Brüssel verbreiteten Presseerklärung von Generalsekretär Wörner, die in dem Beschluß der NATO vom 9.2. formulierten Bedingungen seien weitgehend erfüllt. Die Angriffsdrohung bleibe jedoch bestehen. Lufteinsätze seien weiterhin möglich, falls die abgezogenen Waffen wieder in Stellung gebracht würden. - Am 28.2. reagiert die NATO erstmals mit einem Kampfeinsatz auf die Verletzung des von den Vereinten Nationen verhängten Flugverbots über Bosnien. Vier Kampfflugzeuge werden über Banja Luka durch die amerikanische Luftwaffe abgeschossen. Im NATO-Hauptquartier heißt es dazu, es habe sich um vier Flugzeuge der Serben gehandelt.
N a h e r O s t e n. In Anwesenheit des ägyptischen Präsidenten Mubarak paraphieren der israelische Außenminister Peres und der PLO-Vorsitzende Arafat in Kairo zwei Dokumente über die Kontrolle der Grenzen des künftigen palästinensischen Territoriums sowie über den Schutz der jüdischen Siedlungen im Gazastreifen durch israelisches Militär. Die Größe des Gebiets um Jericho bleibt weiterhin umstritten. - Am 25.2. richtet ein als Offizier verkleideter israelischer Siedler am Grab des Patriarchen in der Ibrahim-Moschee in Hebron ein Blutbad unter betenden Palästinensem an. Nach Bekanntwerden kommt es in den von Israel besetzten Gebieten zu Unruhen. Das Vorgehen der Armee fordert weitere Todesopfer unter der palästinensischen Bevölkerung. Der israelische Ministerpräsident Rabin bezeichnet in einem Telefongespräch mit dem PLO- Vorsitzenden Arafat das Butbad als die Tat eines Psychopathen. Als Israeli schäme er sich für diese Untat. Arafat macht die israelischen Streitkräfte mitverantwortlich für das Verbrechen, fordert die Aufhebung aller jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten und wirksame Sicherheitsgarantien für die Palästinenser. Die Verhandlungen zwischen der PLO und Israel werden zunächst unterbrochen. Die Regierungen Syriens, Jordaniens und des Libanon beschließen einen Boykott der in Washington tagenden Nahost-Friedenskonferenz. - Am 2.3. trifft der stellvertretende russische Außenminister Iwanow nach Gesprächen mit der PLO-Führung in Tunis in Israel mit Ministerpräsident Rabin und Außenminister Peres zusammen. In Jerusalem heißt es, Iwanow bemühe sich um eine Wiederaufnahme des israelisch-palästinensischen Dialogs. Zur gleichen Zeit hält sich der griechische Außenminister und EURatsvorsitzender Papoulias in Israel auf. 11.2. - Rußland/USA. Der russische Präsident Jelzin und der amerikanische Präsident Clinton führen ein längeres Telefongespräch über die neuesten Entwicklungen im Bosnien-Konflikt. In Presseberichten ist von einer Vereinbarung der beiden Präsidenten die Rede, sich in nächsten Zeit aktiv in die laufenden Verhandlungen einzuschalten.
14.2. - U N O. Die in New York tagende Generalversammlung billigt die Ernennung von Botschafter Jos Ayala Lasso (Ecuador) zum ersten Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte. Die Amtszeit, die am 28.2. beginnt, beträgt fünf Jahre. - Vom 14.-15.2. hält der Sicherheitsrat in New York eine Debatte über die aktuellen Entwicklungen im Bosnien-Konflikt ab, an der sich 58 Redner beteiligen. Die Vertreter Rußlands und Chinas äußern Bedenken gegenüber dem Beschluß des Nordatlantikrats vom 9.2. und der Androhung von Luftangriffen auf Stellungen um Sarajewo. Vorrang müsse in jedem Fall die Suche nach diplomatischen Lösungen haben. - Am 3.3. fordert der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York die endgültige Beendigung der Belagerung von Sarajewo sowie die Wiederherstellung der öffentlichen Versorgungsdienste und der Bewegungsfreiheit in der bosnischen Hauptstadt. Die entsprechende Resolution wird einstimmig angenommen.
16.2. - G r i e c h e n l a n d / M a z e d o n i e n. Die griechische Regierung stellt alle Handelsbeziehungen mit dem benachbarten Mazedonien ein und sperrt den Hafen von Saloniki für alle Lieferungen mit Ausnahme von Lebensmitteln und Medikamenten. Das griechische Generalkonsulat in der mazedonischen Hauptstadt Skopje wird geschlossen. Griechenland, das im Gegensatz zu den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die "Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien" nicht anerkannt (vgl. "Blätter", 2/1994, S. 136), fordert eine Änderung des Namens, der Nationalflagge, sowie einiger Bestimmungen der Verfassung des Nachbarlandes. Die Maßnahmen der griechischen Regierung stoßen bei den übrigen EU-Mitgliedern auf Kritik. Kommissionspräsident Delors erklärt am 17.2. in Brüssel, die Blockade sei weder gut für die europäische Einigung, noch für den "Familiensinn" in der Union. Die Kommission prüfe die Rechtslage.
23.2. - R u ß l a n d. Das Parlament in Moskau beschließt eine Amnestie für die Anführer der Putschversuche vom August 1991 und vom Oktober 1993 (vgl. "Blätter", 10/1991, S. 1158 f. und 11/1993, S. 1292). Der Beschluß fällt gegen den Willen von Präsident Jelzin und wird von dessen Pressesekretär Kostikow als eine "ernste Destabilisierung der Lage im Land" bezeichnet, die sich auch auf die Außenpolitik auswirken könne. Nach der Haftentlassung des früheren Parlaments-Präsidenten Chasbulatow und des ehemaligen Vizepräsidenten Ruzkoi am 26.2. tritt Generalstaatsanwalt Kasannik zurück. Kasannik erklärt zur Begründung, er habe keine Möglichkeit gesehen, der Aufforderung von Präsident Jelzin zu folgen, die Entlassungen zu verhindern. - Am 24.2. hält Jelzin seine erste Rede vor beiden Kammern der neuen Föderalversammlung (Parlament), in der er auf innen- und außenpolitische Fragen eingeht. Jelzin spricht von einer realen Bedrohung der Stabilität der Russischen Föderation durch "zwischennationale Konflikte, sowohl im Inneren des Landes als auch in der Nähe seiner Grenzen". Jeder dieser Konflikte sei das "Ergebnis früherer Ungerechtigkeit". Hauptaufgabe der Außenpolitik müsse "eine konsequente Verfolgung der russischen nationalen Interessen" sein. Der Präsident wendet sich erneut gegen eine Ausweitung der NATO ohne Rußland: "Das ist ein Weg zu neuen Bedrohungen Europas und der Welt."
24.2. - F r a n k r e i c h. Die Regierung legt ein militärpolitisches Weißbuch vor, das die nukleare Abschreckungsdoktrin als Herzstück der französischen Verteidigungsstrategie bezeichnet. Die konventionellen Streitkräfte sollten vermehrt zur Verhinderung, Begrenzung oder für die Regelung in lokalen und regionalen Konflikten eingesetzt und in die Lage versetzt werden, in mehreren Konfliktzonen gleichzeitig zu intervenieren.
28.2. - B u n d e s w e h r. Entsprechend einem Beschluß der Bundesregierung (vgl. "Blätter", 2/1994, S. 134) verlassen die letzten 120 Soldaten des deutschen UN-Kontingents für Somalia das Lager in Belet Uen, um in die Bundesrepublik zurückzukehren. In Bonn werden die Kosten des siebenmonatigen Einsatzes mit 310 Mill. DM angegeben. Am 4.3. kündigen die Verteidigungsminister der Bundesrepublik, Frankreichs und Polens in einer in Bonn veröffentlichten Erklärung die Abhaltung gemeinsamer Stabs- und Truppenübungen ihrer Streitkräfte an. Vorgesehen ist die Teilnahme einer polnischen Einheit an Manövern der deutsch-französischen Brigade.
1.3. - E U. Schweden, Finnland und Österreich schließen die Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union erfolgreich ab; die Verhandlungen mit Norwegen bleiben zunächst wegen Meinungsverschiedenheiten über Fischereirechte unterbrochen. Später heißt es in Brüssel, Spanien und Großbritannien widersetzten sich der Einführung neuer Abstimmungsmodalitäten im Ministerrat nach der Aufnahme der vier neuen Mitglieder und beharrten auf der Beibehaltung der bisherigen Sperrminorität.
3.3. - K o r e a. Nach einer Unterbrechung von mehreren Monaten wird an der Waffenstillstandslinie in Panmunjom der "innerkoreanische Dialog" zwischen Nord und Süd wiederaufgenommen. Über die Reihenfolge der zu behandelnden Themen kommt es zu Meinungsverschiedenheiten. Eines der Themen ist die Vorbereitung für ein Treffen persönlicher Repräsentanten der beiden Staatsoberhäupter.