Rußlands Militär zwischen Friedenssicherung und imperialer Restauration
Wenige Tage nach der Verkündung des ersten NATO-Ultimatums 1) an die bosnischen Serben war in der russischen Armeezeitung "Krasnaja Zvezda" (Roter Stern) unter der Überschrift "Blauhelme" ein umfassender Grundsatzartikel des stellvertretenden russischen Verteidigungsministers, Georgij Kondratev, zur russischen Politik der Friedenssicherung zu lesen 2). Das Erscheinungsdatum war kaum zufällig gewählt. Zu einem Zeitpunkt, als die NATO militärische Maßnahmen zur Friedenserzwingung ergriff, betonte Rußland seine Leistungsfähigkeit auf diesem Feld der Sicherheitspolitik und zugleich seine Zuständigkeit für das Gebiet der GUS. Das russische Engagement stehe außerdem in einer guten Tradition, beteiligte sich die ehemalige UdSSR doch seit 1973 an friedenssichernden Maßnahmen der UNO.
So konsistent wie Kondratev glauben machen möchte, hat sich die russische Politik der Friedenssicherung freilich nicht entwickelt. Unterschiedliche Maßnahmen wurden bisher auf verschiedenen politischen und militärischen Ebenen eingeleitet und haben sich erst im Laufe der Zeit vermischt. Manche wurden aber auch gezielt verknüpft.