Ausgabe Juni 1995

Soziale Bewegungen und parlamentarische Repräsentation

Ein Plädoyer für Dritte Kammern

1. Globale Krisen und die politischen Systeme

Krisen aller Art gehören am Vorabend des 21. Jahrhunderts zum Erscheinungsbild der Welt. Dabei stellt sich heraus, daß die bestehenden politischen Systeme zunehmend weniger imstande sind, Lösungskonzepte zu liefern und umzusetzen. Dies gilt für die Demokratien westlicher Industriestaaten, erst recht für die Transformationsgesellschaften des Ostens und die Einparteiensysteme des Südens. Ein Indiz für diese Entwicklung ist die wachsende Bedeutung der sozialen Bewegungen und Nichtregierungsorganisationen (NGO) und die Anerkennung, die ihnen insbesondere bei internationalen Konferenzen entgegengebracht wird. Sowohl bei der ersten UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro (Juni 1992) wie beim Weltsozialgipfel in Kopenhagen (März 1995) und der Klimakonferenz in Berlin (April 1995) konnten sich die NGO als professionalisierte Bestandteile der weltweiten sozialen Bewegungen erstmalig einen formellen Zugang zum UN-System verschaffen. Die Konferenzdokumente, insbesondere die Agenda 21 der UNCED, schreiben neue Partizipationsmöglichkeiten für die NGO im internationalen System fest (Unmüßig, 1993: 44).

Juni 1995

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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