Die letzten Apriltage sind in Burundi Jahr für Jahr von großen Spannungen in der Bevölkerung gekennzeichnet, seit am 29./30. April 1972 Massaker ihren Anfang nahmen, die weit über hunderttausend Menschen das Leben kosteten; diese wiederkehrende Unruhe geht nicht nur auf gezielt gestreute Gerüchte - in Burundi ein gern eingesetztes politisches Instrument - zurück, sondern hat auch etwas mit dem zyklischen Geschichtsempfinden der Barundi 1) zu tun, wie es während mehrerer Jahrhunderte von den "Hofchronisten" der alten, bis 1966 aufrechterhaltenen Monarchie gepflegt worden war. Nur wenige Wochen zuvor gedachte man in Burundi wie in Ruanda eines anderen Jahrestages: Am 6. April 1994 waren beim Abschuß des ruandischen Präsidentenflugzeuges über Kigali die Staatspräsidenten der beiden benachbarten Länder mitsamt ihren Begleitern ums Leben gekommen. Die Gedenkfeiern hatten allerdings einen sehr unterschiedlichen Gegenstand.
Während sie in Burundi hauptsächlich dem umgekommenen Präsidenten Cyprien Ntaryamira galten, der kaum zwei Monate zuvor interimistisch für den am 21. Oktober 1993 ermordeten Melchior Ndadaye eingesetzt worden war und der die demokratisch legitimierte Macht verkörperte, hatte man in Ruanda den 22 Jahre lang herrschenden Staatschef Juvinal Habyarimana schnell vergessen.