Angekündigt war es seit dem Wahlkampf – Jacques Chirac würde als Präsident die Atomtests wieder aufnehmen. Die ruhten seit dem Moratorium Mitterrands von 1992. Womit anscheinend weder Chirac noch das sonstige politische Establishment in Frankreich gerechnet hatten, war der starke Widerstand. Sicher, Australien hatte immer protestiert, natürlich auch Neuseeland und einige kleinere Südseestaaten – aber die nahm man sowieso nie recht ernst. Nun aber schlagen die Tests schon vor der Explosion hohe Wellen – von der Südsee über Japan und die Bundesrepublik bis ins eigene Land. Denn auch die französische Bevölkerung ist gegen die neue Testserie. Vor zwei Jahren hatten 75% das Moratorium unterstützt, Anfang August 1995 waren es immerhin noch 56%. Und 60% der Befragten wollten, daß ihr Präsident seine Entscheidung nochmals überdenke.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.