In der Debatte über den Standort Deutschland wird als selbstverständlich angenommen, daß die nicht geringen ökonomischen Probleme der Bundesrepublik vorwiegend durch den Druck des globalisierten Wettbewerbs verursacht werden und umgekehrt durch weltmarktorientierte Strategien erfolgreich zu beheben sind. Senkung der Lohnkosten, besonders der Lohnnebenkosten, Reduzierung der Sozialleistungen, Verminderung der Steuerlast für Unternehmen und hochtechnologisches, weltmarktorientiertes Wachstum erscheinen als unausweichliche Reaktionen auf den „Sachzwang Weltmarkt“. Die dramatische Verschärfung des internationalen Wettbewerbs gilt weithin als der für unternehmerisches Handeln und staatliche Wirtschaftspolitik wichtigste und folgenreichste Prozeß im gegenwärtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel.
Diese Sicht birgt erhebliche Merkwürdigkeiten. Erstens: Determinismus, der von zwangsläufigem richtungsbestimmten Handeln ausgeht, und Strukturalismus, der solches Handeln aus strukturellen Zwängen herleitet, gelten allgemein als antiquierte Denkansätze. Vor allem Marxens Lehre vom Wirken ökonomischer Gesetze als wirtschaftliche Handlungszwänge gilt durch die Entscheidungsfreiräume in Wirtschaft, Politik, Rechtsetzung und anderen Sphären unserer offenen Gesellschaft weithin als widerlegt. Nun aber erfahren wir, daß es diese Freiräume doch nicht gebe.