Ausgabe Oktober 1996

Volkes Stimmen

Populismus im Ländervergleich

Die Politik des „Populismus“ will (endlich) das „Volk“ zu Wort kommen lassen.1 Ein Volk, dessen Stimme unhörbar geworden ist, weil seine Repräsentanten alles besser wissen: Sie sind Experten des Gemeinwohls, können komplizierte Zusammenhänge durchschauen, respektieren sachliche Zwänge, beachten ferne Folgen, treffen verantwortungsbewußte Entscheidungen. Der politischen Elite steht eine unpolitische Masse gegenüber: häufig emotional, immer uninformiert, im Grunde apathisch. Von Hegel bis Schumpeter und darüber hinaus hat sich die herrschende Theorie darauf festgelegt, daß dieser Zustand nicht nur da, sondern auch gut sei, zeuge er doch von einer verbreiteten Zufriedenheit mit den Verhältnissen und trage außerdem jenen Grenzen Rechnung, die der demokratischen Sache in hochkomplexen Gesellschaften mit „eherner“ Logik nun einmal gesetzt sind.

Doch immer mal wieder wird diese heile Welt durcheinandergewirbelt. Dann rebelliert das Volk und macht seinen Vertretern unmißverständlich klar, daß es sich nicht repräsentiert fühlt. Dann stoßen Machthaber an die Grenze ihrer Macht. Was ihnen richtig erscheint, ist „politisch nicht durchsetzbar“; so gehen sie wider besseres Wissen Kompromisse ein, ändern den vorgesehenen Kurs ihrer Politik oder wenigstens deren Geschwindigkeit – bis sich die Turbulenzen wieder gelegt haben.

Oktober 1996

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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