Ausgabe August 1997

Amsterdam: Architekten ohne Bauplan

Als die Staats- und Regierungschefs in den Morgenstunden des 17. Juni nach Abschluß der Regierungskonferenz in Amsterdam auseinandergingen, waren die ersten Reaktionen relativ eindeutig: Enttäuschung machte sich breit. Auch auf der thematisch nicht sonderlich strapaziösen Zielgerade ging den Staatsmännern noch "der Schnauf aus" ("Neue Zürcher Zeitung"). Um das fade Vertragswerk schmackhaft zu machen und den Beigeschmack des Scheiterns abzuschwächen, leistete das Bundeskanzleramt am Tag danach eifrig Interpretationshilfe. Das Europäische Parlament (EP) sei der eigentliche Gewinner dieser Konferenz.

So las es sich am Donnerstag jener Woche überall in den deutschen Zeitungen. Daß mit der Ausweitung der Mitentscheidungsverfahren des Parlaments aber weder das Demokratiedefizit der Europäischen Union gemindert ist, noch die Legitimationskrise des Integrationsprozesses überwunden werden kann, droht beim vermeintlich nüchternen Abwägen von Gewinnern und Verlierern der finalen Verhandlungsrunde unterzugehen. Nachdem die europäische Integration in den 70er Jahren vor sich hin dümpelte, erfolgte mit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) Mitte der 80er Jahre ein "qualitativer" Sprung nach vorne.

August 1997

Sie haben etwa 10% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 90% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema