Als die Staats- und Regierungschefs in den Morgenstunden des 17. Juni nach Abschluß der Regierungskonferenz in Amsterdam auseinandergingen, waren die ersten Reaktionen relativ eindeutig: Enttäuschung machte sich breit. Auch auf der thematisch nicht sonderlich strapaziösen Zielgerade ging den Staatsmännern noch "der Schnauf aus" ("Neue Zürcher Zeitung"). Um das fade Vertragswerk schmackhaft zu machen und den Beigeschmack des Scheiterns abzuschwächen, leistete das Bundeskanzleramt am Tag danach eifrig Interpretationshilfe. Das Europäische Parlament (EP) sei der eigentliche Gewinner dieser Konferenz.
So las es sich am Donnerstag jener Woche überall in den deutschen Zeitungen. Daß mit der Ausweitung der Mitentscheidungsverfahren des Parlaments aber weder das Demokratiedefizit der Europäischen Union gemindert ist, noch die Legitimationskrise des Integrationsprozesses überwunden werden kann, droht beim vermeintlich nüchternen Abwägen von Gewinnern und Verlierern der finalen Verhandlungsrunde unterzugehen. Nachdem die europäische Integration in den 70er Jahren vor sich hin dümpelte, erfolgte mit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) Mitte der 80er Jahre ein "qualitativer" Sprung nach vorne.