1.12. - N a h e r O s t e n. Auf einer Rundreise in mehrere arabische Hauptstädte konferiert Palästinenserpräsident Arafat in Kairo mit dem ägyptischen Präsidenten Mubarak. Im Mittelpunkt des Meinungsaustauschs stehen die Differenzen mit Israel über die Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten. - Am 13.12. fordert die in New York tagende Generalversammlung ein Ende der Siedlungsaktivitäten Israels in den besetzten palästinensischen Gebieten ("occupied Palestinian territory"). Die entsprechende Resolution wird mit 149 gegen zwei Stimmen (Israel, USA) bei acht Enthaltungen angenommen. - Am 17.12. kritisiert der amerikanische Präsident Clinton in Washington die israelische Siedlungspolitik. Clinton bezeichnet die angekündigte Erweiterung von Siedlungen im Westjordanland als ein "Friedenshindernis".
2.-3.12. - O S Z E. In Lissabon findet ein Gipfeltreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) statt. Der Konferenz liegen die Ergebnisse des regelmäßigen Überprüfungstreffens von Wien (4.-22. November d.J.) vor sowie Berichte des Amtierenden Vorsitzenden über "Die Arbeit am Sicherheitsmodell 1995-1996" und über die "Einbeziehung von Fragen der wirtschaftlichen Dimension in die von der OSZE zu bewältigenden Aufgaben". Die Annahme des Abschlußdokuments ("Erklärung von Lissabon") muß wegen der Meinungsverschiedenheiten zwischen Aserbaidschan und Armenien bezüglich einer Passage über Nagorny Karabach mehrfach verschoben werden. Das Schlußdokument enthält u.a. Erklärungen und Beschlüsse über die europäische Sicherheit und die Rüstungskontrolle, die im Rahmen des Sicherheitsforums in der österreichischen Hauptstadt ausgearbeitet wurden. Ein gesondertes Dokument befaßt sich mit der Weiterentwicklung des Vertrages über konventionelle Streitkräfte in Europa aus dem Jahre 1990. Der nächste OSZE-Gipfel soll auf Einladung der Türkei in Istanbul stattfinden.
4.12. - B u n d e s r e g i e r u n g. Auf Vorschlag von Bundesaußenminister Kinkel und Bundesverteidigungsminister Rühe faßt das Kabinett in Bonn einen Beschluß über die Beteiligung der Bundeswehr an einer Friedenstruppe für Bosnien. Das deutsche Kontingent unter dem NATO-Oberbefehlshaber für Europa soll bis zu 3300 Soldaten umfassen. Der Bundestag stimmt dem Kabinettsbeschluß am 13.12. mit großer Mehrheit zu. In namentlicher Abstimmung votieren 499 Abgeordnete mit Ja bei 93 Gegenstimmen und 21 Enthaltungen.
4.-5.12. - J u g o s l a w i e n. Die Außenminister von mehr als 40 Staaten kommen in London zu einer Konferenz über die Friedenssicherung in Bosnien zusammen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist durch ihren Amtierenden Vorsitzenden, Bundesrat Cotti (Schweiz) vertreten. Bosnien-Koordinator Bildt (Schweden) spricht sich für die Schaffung einer internationalen Polizeieinheit aus, um die vermuteten Kriegsverbrecher aufzuspüren und an das Tribunal in Den Haag auszuliefern. Die internationale Hilfe müsse künftig vermehrt auch auf die serbische Republik ausgeweitet werden. Die Konferenz verabschiedet einen umfangreichen Aktionsplan, der eine deutliche Aufforderung an die verantwortlichen Politiker enthält, die humanitären Verpflichtungen aus dem Abkommen von Dayton zu erfüllen. - Am 27.12. bestätigt der ehemalige spanische Ministerpräsident Felipe Gonzales in einem im Auftrag der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verfaßten Bericht den Wahlsieg der Opposition in 13 Gemeinden und 9 Wahlbezirken der Hauptstadt Belgrad bei den Kommunalwahlen in Serbien am 27. November d.J.; die Wahlen insgesamt seien jedoch von den regierenden Sozialisten und der mit ihnen verbündeten Vereinigten Linken gewonnen worden. Die serbische Regierung hatte die Wahlergebnisse nicht anerkannt und teilweise annulliert, das Oppositionsbündnis "Zajedno" (Gemeinsam) spricht dagegen von massiver Wahlfälschung und ruft zu Massenprotesten auf. Präsident Milosevic wird von den Demonstranten aufgefordert, die Wahlergebnisse anzuerkennen.
5.12. - U S A. Nach den Rücktrittsankündigungen von Außenminister Warren Christopher und Verteidigungsminister William Perry (vgl. "Blätter", 1/1997, S. 4 f.) nominiert Präsident Clinton die Nachfolger: Das Außenministerium soll die bisherige UN-Botschafterin Madeleine Albright, das Verteidigungsministerium der republikanische Senator William Cohen übernehmen. Beide Ernennungen müssen zuvor vom Kongreß bestätigt werden.
- U S A / C h i n a. Verteidigungsminister General Chi, zugleich Vorsitzender der Zentralen Militärkommission der VR China, trifft in Begleitung einer hochrangigen Militärdelegation zu einem zehntägigen Besuch in den Vereinigten Staaten ein. Chi erwidert einen Besuch von US-Verteidigungsminister Perry in Peking vom Oktober 1994 (vgl. "Blätter", 12/1994, S. 1418).
6.12. - A b r ü s t u n g. Die 4. Überprüfungskonferenz der Konvention über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen (Text in "Blätter" 5/1972, S. 553 ff.) wird in Genf beendet. In einer Schlußerklärung wird angekündigt, die Arbeiten an einem Kontrollmechanismus für die Konvention zu intensivieren und bis zum Jahre 2001 abzuschließen.
9.12. - B R D / F r a n k r e i c h. Der deutsch-französische Verteidigungs- und Sicherheitsrat verabschiedet unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Kohl und Staatspräsident Chirac in Nürnberg ein "Gemeinsames deutsch-französisches Sicherheits- und Verteidigungskonzept" mit konkreten Leitlinien für die weitere militärische und rüstungspolitische Zusammenarbeit. In einem Kommuniqué begrüßt der Rat "das Einvernehmen zwischen dem französischen Generalstabschef und dem Generalinspekteur der Bundeswehr im Hinblick auf eine enge Zusammenarbeit in den Bereichen der Satellitenauswertung".
10.12. - N A T O. Der Nordatlantik-Rat befaßt sich auf einem Ministertreffen in Brüssel mit den Vorbereitungen für eine Erweiterung der Nordatlantischen Allianz. Es wird ein Zeitplan festgelegt, um die erste Gruppe neuer Mitglieder bis zum 50. Jahres t ag der NATO (April 1999) aufzunehmen. Ein für Juli 1997 in Madrid geplanter Gipfel soll entsprechende Einladungen an wahrscheinlich vier Länder aussprechen. An der anschließend stattfindenden Sitzung des Nordatlantischen Kooperationsrates (11.12.) nimmt auch der russische Außenminister Primakow teil, der sich erneut gegen eine Osterweiterung der Allianz wendet. Rußland sei jedoch zu weiteren Gesprächen mit den 16 NATOMitgliedern im Rahmen der Formel "16+1" bereit. - Am 18.12. heißt es in einem Kommuniqué über die Tagung der NATO-Verteidigungsminister in der belgischen Hauptstadt (17.-18.12.), die Erweiterung werde "keine Änderung im gegenwärtigen Nukleardispositiv" erforderlich machen, und die NATO habe "nicht die Absicht, keine Pläne und auch keinen Anlaß, nukleare Waffen auf dem Hoheitsgebiet neuer Mitglieder zu stationieren". - Am 11.12. unterzeichnet Bundesrat Cotti für die Schweiz im NATO-Hauptquartier das Rahmendokument der "Partnerschaft für den Frieden". Generalsekretär Solana erklärt bei dieser Gelegenheit, die Schweiz sei "ein unentbehrlicher Partner beim Aufbau eines neuen, stabileren Europas".
- S p a n i e n. Die Regierung kündigt die Abschaffung der Wehrpflicht und die Aufstellung einer Freiwilligenarmee bis zum Jahr 2003 an. Die Streitkräfte sollen dann eine Stärke von 150 000 bis 180 000 haben.
11.12. - R u ß l a n d. Verteidigungsminister Rodionow (zum Amtsantritt vgl. "Blätter", 9/1996, S. 1028) scheidet auf Anordnung von Präsident Jelzin mit Erreichung der Altersgrenze aus dem aktiven Dienst der Armee aus. Rodionow ist damit der erste Zivilist an der Spitze des russischen Verteidigungsministeriums. - Am 23.12. nimmt Präsident Jelzin nach längerer Krankheit die Arbeit im Kreml offiziell wieder auf. Jelzin hatte seine Vollmachten vorübergehend an Ministerpräsident Tschernomyrdin übertragen. -Am 27.12. findet in Moskau die Gründungsversammlung einer neuen Partei statt, die den Namen Russische Republikanische Volkspartei tagt. Initiator ist der frühere Sicherheitsberater und Präsidentschaftskandidat Alexander Lebed (vgl. "Blätter", 8/1996, S. 901 und 12/1996, S. 1413 f). - Am 29.12. gibt Tschetschenien-Beauftragter Rybkin in Moskau den Abzug der letzten russischen Truppen aus der Republik bekannt. Ab 30.12. seien in Tschetschenien nur noch einige russische Versorgungs- und Transporteinheiten stationiert.
12.12. - U N O. Der Sicherheitsrat autorisiert die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, in Zusammenarbeit mit der Nordatlantischen Allianz eine multinationale Einheit (Stabilization Force/SFOR) auf dem Territorium von Bosnien-Herzegowina zu stationieren; SFOR soll die ebenfalls von der NATO geführte "Implementation Force" (IFOR) ablösen. Rechtsgrundlage des neuen Mandats, das zunächst auf 18 Monate befristet ist, bildet Kapitel VII der UN-Charta "Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen" (vgl. Dokumente zum Zeitgeschehen im vorliegenden Heft). - Am 17.12. ernennt die Generalversammlung den bisherigen Untergeneralsekretär für friedenserhalfende Operationen, Kofi Annan (Ghana), zum neuen UN-Generalsekretär für die Jahre 1997 bis 2001. Die Ernennung erfolgt auf einstimmige Empfehlung des Sicherheitsrates vom 13.12. per Akklamation. Annan ist Nachfolger von Boutros Boutros-Ghali (Ägypten), dessen zweite Amtszeit am Veto der USA gescheitert war (vgl. "Blätter", 1/1992, S. 6 und 1/1997, S. 5). In einer gesonderten Resolution hatte der Sicherheitsrat Boutros-Ghali für seine Arbeit gedankt und die von ihm begonnenen Reformen zur Umstrukturierung und Stärkung der Weltorganisation gewürdigt.
13.-14.12. - E U. Zum Abschluß seiner Präsidentschaft im 2. Halbjahr 1996 ist Irland in Dublin Gastgeber der traditionellen Tagung des Europäischen Rates der Staats bzw. Regierungschefs. Zur Vorbereitung der Tagung hatte die Präsidentschaft in Zusammenarbeit mit dem Sekretatiat des Ministerrates am 5.12. einen umfangreichen Entwurf für die Revision des Vertrages von Maastricht vorgelegt. Der Entwurf befaßt sich vor allem mit der Entwicklung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie mit der Reform der EU-Institutionen, klammert jedoch die kontroversen Probleme, darunter die Ausweitung qualifizierter Mehrheitsentscheidungen aus. - Am 16.12. verhängt die Europäische Union ein Waffenembargo gegen Afghanistan, dem sich später die assoziierten Länder Mittel- und Osteuropas sowie die EFTA-Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraums anschließen.
20.12. - T s c h e c h i e n / B R D. Bundesaußenminister Dinkel und sein tschechischer Amtskollege Zieleniec unterzeichnen in Prag ein Protokoll über den Abschluß der Arbeiten an einer gemeinsamen Erklärung, die nach der Billigung durch die Parlamente beider Staaten von den Regierungschefs Kohl und Klaus unterzeichnet werden soll. Dinkel erklärt in einer kurzen Ansprache, mit keinem anderen europäischen Land habe Deutschland eine so komplizierte und verflochtene Geschichte. Doch würden beide Staaten nun schon bald zusammen in der Europäischen Union und der NATO sein (vgl. Dokumente zum Zeitgeschehen im vorliegenden Heft).
23.12. - T a d s c h i k i s t a n. Zwischen der Regierung und der Führung der bewaffneten Opposition wird durch Vermittlung der russischen Regierung in Moskau ein Friedensabkommen unterzeichnet. Die Vereinbarung, die u.a. die Bildung eines gemeinsamen Rates der nationalen Versöhnung vorsieht, soll den seit Jahren geführten Bürgerkrieg in der früheren Sowjetrepublik beenden.
27.12. - R u ß l a n d / C h i n a. Der chinesische Ministerpräsident Li Peng, der sich zu einem mehrtägigen Besuch in Moskau aufhält, trifft zu getrennten Gesprächen mit Präsident Jelzin und Ministerpräsident Tschernomyrdin zusammen. Anschließend heißt es, für den April 1997 sei ein chinesisch-russisches Gipfeltreffen in Moskau vereinbart worden. Dabei solle eine gemeinsame Erklärung über internationale Fragen unterzeichnet werden.
28.12. - B u l g a r i e n. Das Parlament nimmt auf einer Sondersitzung in Sofia den Rücktritt der von den Sozialisten geführten Regierung entgegen, lehnt jedoch mit Mehrheit die von der Opposition geforderten vorzeitigen Neuwahlen ab. Der sozialistische Parteiführer Parwanow erklärt, man werde die Macht nicht abgeben, sondern nach Koalitionspartnern suchen.
29.12. - G u a t e m a l a. Vertreter der Regierung und der Revolutionsbewegung (Unidad Revolucionaria Nacional Gualtemalteca/URNG) unterzeichnen im Innenhof des Nationalpalastes in Guatemala-Stadt ein umfassendes Abkommen zur Beendigung des seit 36 Jahren geführten Bürgerkrieges. Am Vorabend waren die Führer der Bewegung aus dem Exil in Mexiko in ihre Heimat zurückgekehrt. Die umfassende Vereinbarung sieht politische und soziale Reformen zugunsten der Indios, Mechanismen zur Einhaltung der Menschenrechte, die Wiederansiedlung von Flüchtlingen, die Abschaffung paramilitärischer Einheiten, eine Verkleinerung der Streitkräfte sowie eine weitreichende Amnestie vor. An der Unterzeichnung nehmen Delegationen aus 120 Ländern sowie UN-Generalsekretär Boutros Ghali teil.