Plädoyer für eine überfällige Reform des deutschen Banksystems
Die „Macht der Banken“ ist in Deutschland seit Dekaden ein Evergreen. Nirgendwo wird das Thema so intensiv diskutiert wie hierzulande. Nicht immer allerdings, wenn aus aktuellem Anlaß vom Mißbrauch der Macht oder von der Arroganz einzelner Mitglieder des Banksystems die Sprache ist, wird deutlich, wie sehr es sich dabei um ein Verfassungsproblem des deutschen Bankwesens handelt, das einzigartig ist verglichen mit denen anderer westlicher Industrieländer: das Banksystem einer spät entwickelten Industrienation.
Von der Pionierfunktion zum Anachronismus
Die deutsche Universalbank, das Zentrum dieses Systems, entstand im vergangenen Jahrhundert, in der Gründerzeit. Das Bismarck-Reich begann sich zu industrialisieren, aber es fehlte ein Kapitalmarkt. Die Banken sprangen in die Bresche und finanzierten die ersten großen Investitionen und Innovationen – auf dem Kreditwege. Damals haben sie Pionierfunktion übernommen. Aus dieser Zeit stammt auch die Bewunderung für das deutsche Banksystem, die sich im Ausland lange Zeit gehalten hat. In England hat man die Entwicklung zwischen 1870 und 1900, als das Deutsche Reich wirtschaftlich mit dem Empire gleichzog, als ein wirkliches Wirtschaftswunder angesehen.
Deutschland war ja bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts eine rückständige Volkswirtschaft gewesen, wenn auch eine vergleichsweise homogene.