Die überforderte OSZE
Niemand wußte so gut wie Außenminister Kinkel, auf welch dünnes Eis sich die NATO begab, als sie ohne vorherige UN-Resolution den NATO-Oberbefehlshaber zu „begrenzten Luftoperationen“ gegen serbische Ziele ermächtigte. Kinkel hatte bis dahin im Gegensatz zu seinem Kollegen Rühe stets die Notwendigkeit eines UN-Mandats betont und beschwor auch nach dem Einknicken in seiner letzten Regierungserklärung geradezu verzweifelt, der NATO-Beschluß dürfe „nicht zum Präzedenzfall werden. Wir dürfen nicht auf eine schiefe Bahn kommen, was das Gewaltmonopol des Sicherheitsrats anbelangt.“
Doch nachdem der alte Bundestag am 16. September mit ausdrücklicher Zustimmung des neuen Kanzlers Schröder und seines Außenministers Fischer schwarzgelb-rot-grünes Licht für die Beteiligung der Bundeswehr an einem bewaffneten Einsatz ohne UN-Mandat gegeben hat, kann dies künftig als Präzedenzfall herangezogen werden, auch wenn die Gefahr aktuell dadurch gebannt zu sein scheint, daß Miloševic – reichlich spät – dem massiven Druck nachgegeben und seine Truppen und Sonderpolizeieinheiten weitgehend zurückgezogen hat.