Memorandum der Beauftragten der Bundesregierung für Ausländerfragen. Cornelia Schmalz-Jacobsen, MdB, vom 26. August 1998 (Wortlaut)
Am 26. August stellte die scheidende Ausländerbeauftragte der Bundesregierung ein Memorandum vor, in welchem sie die Erfahrungen ihrer siebenjährigen Amtszeit bilanziert. Die Äußerungen von Cornelia Schmalz-Jacobsen fanden auch deshalb besondere Beachtung, weil sich CDU und CSU in den Wochen zuvor gestritten hatten, ob Deutschland ein Einwanderungsland sei oder nicht. (Vgl. die „Eindringliche Erinnerung“ im Juliheft, S.772f, sowie den Beitrag von Helena Sabbagh in der Septemberausgabe, S.1031ff.) Die Ausländerbeauftragte kritisierte, daß Wahlkampf „auf dem Rücken der Ausländer“ geführt wurde. Es müsse, sagte sie bei der Präsentation, Schluß sein mit der „Lebenslüge“, daß der Aufenthalt von Ausländern in der Bundesrepublik zur Disposition stünde. Eine konsequente Integrationspolitik sei das beste Mittel gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Wir dokumentieren das Memorandum im Wortlaut. – D. Red.
I. Einflüsse der Globalisierung
Der Prozeß der Globalisierung beschränkt sich längst nicht mehr allein auf Fragen der Wirtschaft. Er macht auch vor Fragen der Innenpolitik sowie gesellschaftlichen Entwicklungen nicht halt. Ehemals weite Wege sind heute nicht nur für Güter, sondern auch für Menschen rascher und leichter überbrückbar. Insbesondere Deutschland ist aufgrund seiner geographischen Lage in der Mitte Europas schon immer Ausgangsund Zielort von Wanderungen gewesen und ist es heute um so mehr. Daß dies so ist, ist zum einen Beleg für das Vertrauen in die politische und wirtschaftliche Stabilität Deutschlands, führt zum anderen aber auch zu typischen migrationsbedingten Problemen, wie sie jedes Einwanderungsland kennt. Dazu zählt auch die Tendenz, politische und soziale Konflikte der Herkunftsländer „mitzunehmen“. Deutschland ist es bisher relativ gut gelungen, diesen Effekt nicht wirksam werden zu lassen. Das ist vor allem Ergebnis der weitgehend erfolgreichen ökonomischen Integration der ehemaligen „Gastarbeiter“.
Nicht minder bedeutsam ist der Einfluß der Globalisierung auf die Lebensverhältnisse der Zuwanderer. Familienleben findet mehr und mehr auch über Länder und Kontinente hinweg statt. Die Besuchsreise aus Rußland oder der Türkei nach Deutschland wird zunehmend in ähnlicher Weise zur Normalität, wie es die Besuchsreise von Mecklenburg-Vorpommern nach Bayern oder Österreich ist. Das Bedürfnis nach einfacheren Möglichkeiten grenzüberschreitender Besuchsaufenthalte und Familienzusammenführungen wird mit wachsender Entfernung nicht geringer, sondern eher größer. Es nimmt im gleichen Maß zu wie die Anstrengungen nationaler Regierungen in den EU-Staaten verstärkt werden, unerwünschte Zuwanderung zu verhindern. Deshalb müssen Lösungen gefunden werden, den gegenwärtigen Trend zur Behinderung von Besuchsreisen und Ehegattennachzug zurückzunehmen, den Mißbrauch solcher Regelungen aber wirksam eindämmen. […]
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