Ausgabe Juli 1999

Heinrich Heine der deutschen Verfassungsrechtswissenschaft

Helmut Ridders 80. Geburtstag fällt fast zusammen mit dem 50. Jahrestag des Grundgesetzes. Er hat seine Entstehung, seine Krisen, seine Widersprüche mit Kritik, aber auch die Entwicklung seiner produktiven Momente mit kühnen Ideen, insbesondere zur Stellung der Öffentlichkeit in der Demokratie begleitet. Helmut Ridder gehörte schon während des Krieges, von einem christlichen Elternhaus in Westfalen geprägt, zu den jungen Deutschen, die die Inhumanität des NS-Regimes selbst erkannt hatten und dazu nicht erst der Erfahrung seines "Zusammenbruchs" bedurften. Die Einsicht, daß auch die deutschen Traditionen des Denkens vom Staat her, dem Staat des "deutschen Kaiserreichs" als Produkt eines "siegreichen" Krieges oder dem Staat der Weimarer Republik als Produkt eines verlorenen Krieges, zur Selbst- und Fremdentmündigung der Deutschen beigetragen haben, hat das Gravitationszentrum eines an theoretischer Anziehung und Abstoßung reichen Lebens als Lehrer, Forscher und politischer Bürger gebildet. Seine Lehr- und Forschungstätigkeit in Berlin, Frankfurt, Oxford, an der Harvard-Universität und in Bonn bis Mitte der 60er Jahre war geprägt von dem Bemühen um die Neukonstruktion eines V e r f a s s u n g s denkens, das von der Gesellschaft und eben nicht vom Staat ausging.

Juli 1999

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema Demokratie

Politik vor Recht: Die Aushöhlung der liberalen Demokratie

von Miguel de la Riva

Als der FPÖ-Chefideologe und heutige Parteivorsitzende Herbert Kickl im Januar 2019 in einem ORF-Interview darauf angesprochen wurde, dass seine Asylpläne an die Grenzen von EU-Recht, Menschenrechtskonvention und Rechtsstaat stoßen, antwortete der damalige österreichische Innenminister, „dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht“.

Ernst, aber nicht hoffnungslos

von Thorben Albrecht, Christian Krell

Spätestens seit Ralf Dahrendorfs berühmt gewordener These vom „Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts“ gehören SPD-Niedergangsprognosen zu den Klassikern der parteibezogenen Publizistik. Die Partei hat diese Prognose bisher um 42 Jahre überlebt. Aber das konstituiert keine Ewigkeitsgarantie.