2.2. - Ö s t e r r e i c h. Die Vorsitzenden der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Vizekanzler Schüssel und Landeshauptmann Haider, legen Bundespräsident Klestil eine Koalitionsvereinbarung vor (vgl. "Blätter", 3/2000, S. 262). Klestil, der sich eine Prüfung vorbehält, hatte mehrfach erkennen lassen, eine Regierung aus ÖVP und FPÖ widerspreche seiner persönlichen Überzeugung. Schüssel und Haider unterzeichnen am 3.2. eine von Klestil formulierte Erklärung "Verantwortung für Österreich - Zukunft im Herzen Europas", die dem Regierungsprogramm vorangestellt wird und die die beiden Regierungspartner auf demokratische Grundwerte und ein Bekenntnis zu Europa verpflichtet und an die hellen und dunklen Seiten der österreichischen Vergangenheit erinnert. Außerdem legt der Bundespräsident sein Veto gegen zwei von der FPÖ benannte Minister ein. - Am 4. 2. vereidigt Klestil in seinen Amtsräumen das neue Kabinett, dem Haider jedoch nicht angehört. Bundeskanzler wird der bisherige Vizekanzler und Außenminister Schüssel, Vizekanzlerin wird Susanne Riess-Passer (FPÖ). Am 9.2. verliest Schüssel vor dem Nationalrat die Regierungserklärung, die den Titel "Österreich neu regieren" trägt.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.