Europa steht vor der entscheidenden Herausforderung, die Union erweiterungsfähig zu machen. Bloß: Was heißt das? Schenkt man Medienberichten Glauben, scheint die Erweiterungsfähigkeit vor allem eine technokratische Angelegenheit zu sein: Anzahl der Kommissare je Land, Stimmgewichtung im Rat, Verhältnis von Parlamentssitzen zu Bevölkerungszahl usw. usf. Weiters haben die europäischen Staats- und Regierungschefs in Köln und in Tampere entschieden, daß die EU eine GrundrechteCharta bekommen soll, deren feierliche Proklamation in Nizza ansteht. Bereits in Biarritz zeigte sich, was schon im Grundrechtskonvent erkennbar war: Während sich sechs Staaten (darunter Österreich) und die Kommission klar für die Rechtsverbindlichkeit der Charta aussprachen, erklärten vier deutliche Vorbehalte dagegen (Dänemark, Irland, Schweden, Vereinigtes Königreich). Soll es im Dezember 2000 in Nizza eine große und einstimmige Proklamation Europäischer Grundrechte geben, so muß die Frage der Verbindlichkeit - vorläufig zumindest - zurückstehen. 1) Aber sind das die Probleme, die die Menschen in Europa betreffen?
Zunächst wohl kaum. Debatten und schließlich Entscheidungen über die Ausgestaltung des Instrumentariums der Politik, über die Bauprinzipien der Demokratie berühren (emotional) unmittelbar nie besonders viele Menschen.