Ausgabe Mai 2000

Das Internet als strukturelle Ideologie

Im Laufe der letzten Zeit ist das World Wide Web zu einem Massenmedium wie viele andere auch gemacht worden. Darüber hinaus hebt es sich jedoch gerade von eben jenen durch die ihm immanenten Versprechungen einer angeblich demokratischen Kommunikation ab. Das global village, so wird uns gesagt, sei durch die globale Vernetzung des Internet nun wirklich in ein "globales Ganzes" verwandelt worden - der freie Welthandel schafft sich seine Kommunikation. Wir sind also hier nur am Rande mit einer technologischen Frage konfrontiert, vielmehr birgt die Struktur des Internet eine Ideologie in sich, die nur allzu genau die bestehende Ordnung der Welt, wie sie sich uns zu Beginn des 21. Jahrhunderts offenbart, repräsentiert.

"Information", "Erfahrung", "Realität"

"Online" zu sein, einen "Live-Broadcast" zu empfangen, Echtzeitgespräche im Chatroom zu führen, vermittelt den UserInnen den Eindruck, Teil eines kollektiven Ganzen zu sein. Was gestern die Fernsehnation war, ist heute die Internet-Welt.

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Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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