Im Juni 2000 jährte sich das auf dem Gipfeltreffen von Sarajewo von 38 Staats- und Regierungschefs feierlich bekräftigte Vorhaben eines Stabilitätspaktes für Südosteuropa. 1) Der von der EU initiierte Pakt ist ein wichtiger Schritt in Richtung regionaler Friedenskonsolidierung und nachholender Prävention. Es handelt sich um ein einzigartiges Experiment, weil damit erstmals seit dem Mashall-Plan ein integratives Friedensprojekt für eine ganze Region angegangen wird. Es ist allerdings ein Projekt im Werden, dessen Erfolgschancen noch nicht absehbar sind. Das gleiche gilt für die im Dezember 1998 vom Europäischen Rat angekündigte gemeinsame Strategie für den Westbalkan. Sie soll durch den im Herbst anstehenden Gipfel der EU mit Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Albanien neue Schubkraft entfalten. Der im Vorfeld aufgeflammte Streit, ob der Sonderkoordinator für den Stabilitätspakt, Bodo Hombach, der zugleich Sonderbeauftragter der EU für den Stabilitätspakt ist, an diesem Treffen teilnehmen soll 2), verdeutlichte einmal mehr, daß sich die Union schwer tut, als "cooptive power" 3) im Rahmen des Stabilitätspaktes zu agieren und zugleich ihrem Anspruch auf eine zentrale Rolle in der Region gerecht zu werden.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.