Amerikanische Politik wirkt auf viele Beobachter als "permanenter Wahlkampf": Kaum ist ein Präsident der Vereinigten Staaten gewählt, startet das nächste Rennen ums Weiße Haus. Wird es künftig effizienter und fairer verlaufen als die letzten Presidential Elections, die Amerika und den Rest der Welt über Wochen hinweg erzürnt und erheitert haben? Vor dem Urnengang wollten Senatoren die Bundeswahlkommission mit einer Reform des hinfälligen Wahlsystems beauftragen. Weil angeblich das Geld fehlte, nahm das Verhängnis seinen Lauf: George W. Bush hat nicht nur die Mehrheit der Stimmen um eine halbe Million verfehlt, bei korrekter Auszählung wäre er womöglich auch in Florida unterlegen. Wie tief sitzt der Verdacht, die erste Präsidentschaft des neuen Jahrtausends sei "gestohlen" worden? Für Amerika-Begeisterte standen Legitimität und Stabilität der US-Demokratie stets außer Zweifel, schon die Frage galt ihnen als Beweis von Hochmut oder Niedertracht. Auf der anderen Seite las man von einer an Haupt und Gliedern "kranken Demokratie" ("Le Monde diplomatique") das übliche Wechselspiel von Pro- und Antiamerikanismus. Aber ohne Zweifel steckt die Politik in den USA in einem Reformstau, und das lokale Wahldebakel von Florida lässt Schlüsse auf die liberale Demokratie insgesamt zu.
In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.