Biographie von Claus Leggewie

Claus Leggewie, geb. 1950 in Wanne-Eickel, Dr. sc. pol., Prof. für Politikwissenschaft an der Universität Gießen, Mitherausgeber der »Blätter«.

Im Folgenden finden Sie sämtliche »Blätter«-Beiträge von Claus Leggewie.

Claus Leggewie in den »Blättern«

Die neueste Unübersichtlichkeit: Der Westen und seine Feinde

Sollte – oder vielleicht auch kann – man über Geschichte schon schreiben, während sie noch qualmt?“, fragte die Zeithistorikerin Barbara Tuchman 1964. Wer versucht, die „Epoche der Mitlebenden“ in Worte zu fassen, geht stets das Risiko des Irrtums ein. Doch wenn sich eine Einschätzung nach wenigen Stunden mit einer neuen Meldung auf X als überholt erweisen kann, ist das mehr als das gewöhnliche Berufsrisiko der Zeitdiagnostik.

»Frankreich, verzieh dich!«

Françafrique: Der lautmalerische Neologismus, der nach dem Zweiten Weltkrieg die enge Verbundenheit Frankreichs mit seinen Kolonien in West- und Zentralafrika ausdrücken sollte und unter dem nach der Dekolonisation die politische, wirtschaftliche, kulturelle und militärische Kooperation fortgesetzt wurde, hat heute jeden guten Klang verloren.

Erheben wir Einspruch – gegen den Rechtsruck!

Die Undercover-Recherche von Correctiv hat öffentlich gemacht, was im Grunde keine Neuigkeit ist: Im einschlägig bekannten Landhotel Adlon in Potsdam trafen radikale Rechte und AfD-Funktionäre ältere rechtskonservative Bürger, die es zu Geld und Einfluss gebracht haben, um nichts weniger als die Finanzierung und mediale Inszenierung eines künftigen Staatsstreiches zu besprechen.

Das Ende der Demokratie?

Der Abbau der Demokratie in Europa schreitet voran, die Muster dabei gleichen sich. Wo Rechtspopulisten an der Macht sind, wie in Polen, Ungarn, Italien, Schweden oder Finnland, disqualifizieren sie permanent die liberale und linke Opposition als amoralisch und schwulenfreundlich.

Algerien: Feinderklärung nach innen

Algeriens autoritäres Regime befindet sich nach dem Abklingen der Coronapandemie und seit dem Ukrainekrieg in einer komfortableren Lage als noch zu Jahresbeginn 2020. Die Pandemie hat die Hirak-Massenproteste der Demokratiebewegung, die das Regime jeden Freitag in der Hauptstadt Algier und an vielen Orten des Landes unter Druck gesetzt hatten, fast völlig abgewürgt.

Regime Change gegen Putin? Was denn sonst!

For God’s sake, this man cannot remain in power.“ Als US-Präsident Joe Biden diesen Satz am 28. März in Warschau aussprach, wurde er von der Welt-Diplomatie nur mit Kopfschütteln bedacht. Doch obwohl Biden inzwischen selbst in einem programmatischen Artikel für die „New York Times“ allen Regime-Change-Ambitionen abgeschworen hat, könnte der Satz richtiger und wahrer nicht sein.

Visegrád-Gruppe vor der Zerreißprobe?

Der 24. Februar 2022, der Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, markiert zweifellos eine Zeitenwende für Europa. Das gilt auch für jenes informelle Bündnis, das wir kurz Visegrád Four oder ganz kurz V4 nennen: die seit 1991 bestehende Allianz aus Ungarn, Polen, Tschechien und der Slowakei.

Algerien: Das Ancien Régime vor der Implosion?

Mit der vorgezogenen Parlamentswahl wollte der algerische Präsident Abdelmadjid Tebboune, Nachfolger des vor zwei Jahren aus dem Amt gejagten Abdelaziz Bouteflika, dem alten Regime neue Legitimität einhauchen. Doch schon am Nachmittag des Wahltags am 12. Juni 2021 ließ Tebboune verlauten, die Höhe der Wahlbeteiligung interessiere ihn nicht im Mindesten. Was war das? Die gewohnheitsmäßige Arroganz der Macht, die sich in dem nordafrikanischen Land nie groß um demokratische Legitimität bemüht hatte?

Westsahara: Trumps letztes Opfer?

Ein fast vergessener Brandherd in einer scheinbar verlassenen Weltregion hat sich wieder entzündet: der Westsahara-Konflikt. Anfang Dezember flackerten die Kämpfe zwischen der marokkanischen Armee und der für die Unabhängigkeit der Sahrawi kämpfenden Frente Polisario wieder auf. Fast 30 Jahre hatte der unter Vermittlung der Vereinten Nationen 1991 geschlossene Waffenstillstand zwischen beiden Parteien gehalten; der nun aus dem Amt geschiedene US-Präsident Donald Trump hat ihn auf den letzten Metern seiner Amtszeit aufs Spiel gesetzt.

Die Wahl als Farce: Donald Trump und der Aufstieg der Autokraten

Die wiederholte Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, das Wahlergebnis nur anzuerkennen, wenn es seine Wiederwahl bestätigt, ist der bis heute weitreichendste Verstoß in einer klassischen Demokratie des Westens gegen die Idee der allgemeinen, gleichen, freien und fairen Wahl – und damit auf die fundamentale Legitimationsbeziehung zwischen Regierenden und Regierten.

God‘s own country: Der Kampf um die Religiösen

Mit dem »Super Tuesday« am 3. März treten die Vorwahlen der US-Demokraten in die entscheidende Phase ein. Überraschend geht dabei neben Bernie Sanders nach ersten starken Ergebnissen auch Pete Buttigieg als Favorit ins Rennen. Wer aber ist überhaupt in der Lage, die USA und die Welt vor weiteren vier Jahren unter Donald Trump zu bewahren? Dem widmen sich die Beiträge von James K. Galbraith (zu Sanders‘ Wirtschaftsprogramm), Claus Leggewie (zur Rolle der Religion im Wahlkampf) und Paul M. Renfro, dessen Text zur Strategie von Buttigieg auch zeigt, wie erbittert die parteiinterne Debatte inzwischen geführt wird.

»Yes, we couldn’t«

„Falls es noch irgendjemanden gibt, der daran zweifelt, dass in Amerika alles möglich ist, der sich noch immer fragt, ob der Traum unserer Gründungsväter heute noch gültig ist, der die Kraft der Demokratie in Frage stellt: Heute haben Sie Ihre Antwort.“ So (ver)sprach es Barack Obama am 4. November 2008 als Wahlsieger auf dem Weg ins Weiße Haus.