Ausgabe Februar 2021

Februar 2021

In der Februar-Ausgabe warnt der Soziologe Sighard Neckel vor dem nahenden Zusammenbruch des Erdsystems – und fordert einen grundlegenden Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. Der Historiker Timothy Snyder sieht in Donald Trumps großer Lüge vom Wahlbetrug einen Wegbereiter für faschistische Kräfte. Der Philosoph Michael Sandel entlarvt die herrschende westlich-kapitalistische Ethik als eine Tyrannei der Leistung. »Blätter«-Mitherausgeber Hans-Jürgen Urban beleuchtet die Schattenseiten des Homeoffice. Und die Kulturwissenschaftlerin Marlene Militz kritisiert den Wiederaufbau des Berliner Schlosses, der allzu unkritisch an preußische Traditionen anknüpfe.

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Kommentare

Krankenhäuser: Kollaps mit Ansage

Ende vergangenen Jahres wurde bekannt, dass der Krankenhauskonzern Asklepios einer Pflegerin gekündigt hatte, die in der Krankenhausbewegung Hamburg aktiv ist. Sie hatte zuvor öffentlich kritisiert, dass die Arbeitsbelastung für Pflegekräfte in ihrer Klinik während der zweiten Coronawelle immens gestiegen sei und sie sich auf den Intensivstationen um zu viele Patient*innen gleichzeitig kümmern müssten. Die Pflegerin erhielt bundesweit großen Zuspruch von Kolleg*innen in den sozialen Medien, die zahlreich ähnliche Situationen schilderten.

BDS-Debatte: Wider die falschen Eindeutigkeiten

Ende vergangenen Jahres sorgte ein Zusammenschluss mit dem sperrigen Namen „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“ für Aufsehen und eine heftige Debatte. Die Initiative von Leiter*innen einiger der größten deutschen Kulturinstitutionen sowie Museen und Forschungsstellen zu Antisemitismus und jüdischer Geschichte richtet sich gegen den Bundestagsbeschluss „Der BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen“ aus dem Jahr 2019. BDS ist das Kürzel für die propalästinensische Bewegung „Boykott – Desinvestitionen – Sanktionen“ gegen Israel.

Souverän, aber abhängig: London nach dem Brexit

Das jahrelange Ringen ist vorbei – und das Vereinigte Königreich endgültig kein EU-Mitglied mehr. Kurz bevor zu Jahresbeginn eine Übergangsphase auslief, hatten die Regierungschefs der EU und das britische Parlament in halsbrecherischer Eile einem Handels- und Kooperationsvertrag zugestimmt, der am 1. Januar vorläufig in Kraft trat. Jedoch ist dieses Abkommen trotz seines Umfangs von fast 1300 Seiten in weiten Teilen unvollständig und lässt vieles, zu vieles offen. Zudem muss das EU-Parlament noch zustimmen; bis Ende Februar kann es Änderungen verlangen.

Bergkarabach: Die Neuordnung des Kaukasus

Zwei Monate lag der Beginn der Waffenruhe zwischen Armenien und Aserbaidschan zurück, da lud Russlands Präsident Wladimir Putin zu einem Treffen nach Moskau. Am 11. Januar begegneten sich dort erstmals wieder der armenische Premierminister Nikol Paschinjan und der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew wieder, nachdem sie sich zuletzt im Februar 2020 bei der Münchner Sicherheitskonferenz öffentlich einen Schlagabtausch geliefert hatten.

Ägypten: Die immunisierte Diktatur

Im Oktober und November vergangenen Jahres, und damit inmitten der zweiten Welle der Coronapandemie, waren rund 60 Millionen Ägypterinnen und Ägypter dazu aufgerufen, in zwei Runden ein neues Parlament zu wählen – erstmals nach einem neuen Wahlgesetz, das auf die Verfassungsreform von 2019 zurückgeht.

Westsahara: Trumps letztes Opfer?

Ein fast vergessener Brandherd in einer scheinbar verlassenen Weltregion hat sich wieder entzündet: der Westsahara-Konflikt. Anfang Dezember flackerten die Kämpfe zwischen der marokkanischen Armee und der für die Unabhängigkeit der Sahrawi kämpfenden Frente Polisario wieder auf. Fast 30 Jahre hatte der unter Vermittlung der Vereinten Nationen 1991 geschlossene Waffenstillstand zwischen beiden Parteien gehalten; der nun aus dem Amt geschiedene US-Präsident Donald Trump hat ihn auf den letzten Metern seiner Amtszeit aufs Spiel gesetzt.

Debatte

Schlaglicht

Rechte Hypomoral

Angeheizt durch die dramatischen Ereignisse in den USA nimmt auch hierzulande die Debatte über Identitätspolitik wieder an Fahrt auf. Dabei wird allzu oft der Eindruck erweckt, dass wir es mit einer spiegelbildlichen Moralisierung von links wie rechts zu tun hätten, die im Ergebnis ein radikales Freund-Feind-Denken hervorbringe.

Kurzgefasst

Kurzgefasst Februar 2021

Die Coronakrise ist nur der vorläufige Höhepunkt der herrschenden Krisenkaskade. Und sie ist zudem weit mehr als eine Naturkatastrophe, nämlich Ausdruck eines historischen globalen Umbruchs. Der Soziologe Sighard Neckel beschreibt die Ursachen und möglichen Reaktionen auf den drohenden Zusammenbruch des Erdsystems – zwischen wirtschaftsliberaler Modernisierung und autoritär-diktatorischer Kontrolle.

Analysen und Alternativen

Aufgespießt

Grüne Männchen in Meck-Pomm

Donald Trump ist zwar endlich Geschichte, aber da sage noch einer, wir hätten nicht ordentlich von ihm gelernt. Zum Beispiel Fake News: Wenn uns schon der neue Ex-US-Präsident unsere schöne Pipeline Nordstream 2 vermiest hat, weil er die daran beteiligten Konzerne mit seinem bösen Bannfluch belegte, woraufhin die feigen Bilfingers und Bergers einfach kneifen, dann machen wir uns unsere alternativen Wahrheiten eben einfach selbst!

Buch des Monats

Chronik des Zeitgeschehens

Chronik des Monats Dezember 2020

1.12. – Coronapandemie. In einem Bericht der Vereinten Nationen (Global Humanitarian Overview 2021) heißt es, Covid-19 habe „die tiefste globale Rezession seit den 1930iger Jahren ausgelöst“. – Am 3.12. erklärt das Robert-Koch-Institut (RKI), die Zahl der schweren Verläufe und Todesfälle steige von Woche zu Woche. – Vom 3.-4.12. findet in New York ein UN-Sondergipfel statt. Auf der Konferenz wird die Zahl der Corona-Toten mit 1,5 Millionen weltweit angegeben, die Zahl der Erkrankten mit 62 Millionen.