Ausgabe Juni 2023

Algerien: Feinderklärung nach innen

Ein Hirak-Protest in Montreal, Canada, 28.5.2022 (IMAGO / ZUMA Wire / Giordanno Brumas)

Bild: Ein Hirak-Protest in Montreal, Canada, 28.5.2022 (IMAGO / ZUMA Wire / Giordanno Brumas)

Algeriens autoritäres Regime befindet sich nach dem Abklingen der Coronapandemie und seit dem Ukrainekrieg in einer komfortableren Lage als noch zu Jahresbeginn 2020. Die Pandemie hat die Hirak-Massenproteste der Demokratiebewegung, die das Regime jeden Freitag in der Hauptstadt Algier und an vielen Orten des Landes unter Druck gesetzt hatten, fast völlig abgewürgt. Und der Ukrainekrieg hat dem wichtigen Erdgas- und Erdölexporteur durch größere Ausfuhrmengen und steigende Preise einen beträchtlichen windfall profit beschert. Laut vorläufigen Daten der Sonatrach-Jahresbilanz verdoppelten sich die Einnahmen aus Kohlenwasserstoffexporten 2022 auf 60 Mrd. US-Dollar gegenüber dem Vorjahr.[1] Von Russland abhängige Staaten antichambrieren in Algier um die kurzfristige Lieferung von Flüssiggas, mittelfristig für den Aufbau der in Algerien noch fast völlig fehlenden erneuerbaren Energien.

Das Regime, das in der endlosen Krise um den dahinsiechenden Präsidenten Abd al-Aziz Bouteflika und vor allem mit dessen Ankündigung einer erneuten Kandidatur 2019 schwer ins Schleudern geraten war,[2] steht mehr denn je unter der Kontrolle der Armeegeneräle.

»Blätter«-Ausgabe 6/2023

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