
Bild: Ein zersplitternder Globus mit EU-Sternen, am Rand die Konterfeis von Donald Trump und Wladimir Putin (erstellt mit KI)
Sollte – oder vielleicht auch kann – man über Geschichte schon schreiben, während sie noch qualmt?“, fragte die Zeithistorikerin Barbara Tuchman 1964.[1] Wer versucht, die „Epoche der Mitlebenden“ in Worte zu fassen, geht stets das Risiko des Irrtums ein. Doch wenn sich eine Einschätzung nach wenigen Stunden mit einer neuen Meldung auf X als überholt erweisen kann, ist das mehr als das gewöhnliche Berufsrisiko der Zeitdiagnostik. Es deutet auf das epistemische Metaproblem hin, dass sich gerade Wissensordnungen verschieben, deren Fundament Hannah Arendt mit dem berühmten Schlusssatz ihres Buches „Wahrheit und Lüge in der Politik“ so beschrieben hat: „Wahrheit könnte man begrifflich definieren als das, was der Mensch nicht ändern kann; metaphorisch gesprochen ist sie der Grund, auf dem wir stehen, und der Himmel, der sich über uns erstreckt.“[2] In der Ära „alternativer Fakten“ wird dieser Grund schwer erschüttert.