Jahrelang waren wir gewohnt, die politischen Wirren des Balkans auf ihren einfachsten Nenner zu bringen: Hier der machtgierige Diktator, dort seine unschuldigen Opfer. Die Kriege im auseinander brechenden Jugoslawien waren die Kriege des Slobodan Milosevic. Schon ein Anflug von Skepsis, ob die Zusammenhänge nicht vielleicht doch komplizierter lägen, widersprach der politischen Korrektheit. Vollends verdächtig machte sich, wer mit solchen Zweifeln gar die NATO-Intervention im Kosovo in Frage zog. Nun ist der Despot von Belgrad schon eine Weile gestürzt. Demokratisch gekürte Politiker haben seine Nachfolge angetreten. Müssten die zwischen den Serben und ihren Nachbarn verbliebenen Probleme jetzt nicht leichter zu lösen sein? Sollten nicht wenigstens Anzeichen auf Besserung sichtbar werden? Das Gegenteil ist der Fall. Die Kurve der Gewalt weist wieder nach oben.
B e i s p i e l e i n s: M i t r o v i c a. Die Industriestadt im Norden des Kosovo ist in eine serbische und eine albanische Hälfte geteilt. Zwischen beiden verläuft der Fluss Ibar. Über ihn führt eine Brücke. Dort versuchen schwer gepanzerte Kräfte der internationalen Friedenstruppe KFOR einen Rest an Freizügigkeit aufrechtzuerhalten, mit wechselndem Erfolg.