Vorbei sind die Zeiten als selbstkritische und nachdenkliche Töne den deutsch-tschechischen Dialog dominierten. Aus dem Dialog ist inzwischen ein Trialog geworden. Österreich, das die deutschtschechische Erklärung von 1997 noch begrüßte, hat nach der Regierungsbeteiligung von Jörg Haider eine Wende vollzogen. Ein Beschluss des Nationalrates 1999 verlangte die Aufhebung der so genannten Benes-Dekrete. Die Kampagne gegen das Atomkraftwerk Temelin und die Dekrete hat längst Stellvertreter-Charakter. Gemeinsam mit der Resolution des europäischen Parlaments, der permanenten Kampagne der Landsmannschaften, der "Fremdkörper"-Rhetorik des Kanzlerkandidaten Stoiber beim Pfingsttreffen der Sudetendeutschen 2001 höhlten sie den fragilen Konsens aus.
Als in Österreich der Ruf nach zweisprachigen Schildern in den früher sudetendeutschen Gebieten in Tschechien laut wurde und der ungarische Regierungschef Orban die Aufhebung der Dekrete forderte, platzte dem tschechischen Regierungschef Zeman der Kragen. Er begab sich auf des Niveau von Haider und schädigte in unglaublichem Maß das Ansehen seines Landes. Die deutsch-tschechische Erklärung von 1997 sieht vor, die Beziehungen nicht mit der Vergangenheit zu belasten. Doch ihre Schatten werden nach zwölf Jahren Versöhnungsdebatte immer dunkler.