Ausgabe April 2003

Polens Watergate

Pressefreiheit gibt es in Polen seit fast 14 Jahren. Doch die alten Reflexe der Konspiration funktionieren unter unbestechlichen Journalisten immer noch. Im Juli letzten Jahres konferierte Adam Michnik, Chefredakteur der größten Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ und ehemaliger Untergrundkämpfer der Solidarność, mit seinen engsten Mitarbeitern nur noch auf den Terrassen des Verlagshauses. Redaktionstelefone und Handys waren tabu. Man befürchtete Wanzen, installiert von höchster Regierungsstelle. Was war geschehen?

Nach Weihnachten machte die „Gazeta Wyborcza“ mit der Schlagzeile „Schmiergeld für Gesetz“ auf. Der Filmproduzent Lew Rywin (Der Pianist) suchte im Sommer 2002 Michnik im Auftrag „der Gruppe, die die Macht in den Händen hält“ auf und verlangte vom Verlag der Zeitung, Agora, 17,5 Millionen Dollar. Das sind fünf Prozent vom Wert des größten polnischen Privatsenders Polsat, den Agora gerne kaufen würde. Dem steht jedoch eine geplante Novellierung des Mediengesetzes entgegen, die verhindern soll, dass ein Unternehmen zugleich eine überregionale Zeitung und einen Fernsehsender besitzen darf.

In dieser Situation taucht nun der Emissär Rywin auf und verspricht, man könnte das Gesetz so verfassen, dass dem Kauf von Polsat nichts im Wege stünde.

Sie haben etwa 12% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 88% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema