Demokratiediskurse in Frankreich
Mit dem folgenden Text erinnern die "Blätter" an einen ihrer Autoren – den vor einem Jahr, am 11. Dezember 2002, ganz unerwartet verstorbenen Rainer Rochlitz. Der Nachruf in "Le Monde" charakterisierte ihn als den "Passeur", den Fährmann, zwischen den Philosophien diesseits und jenseits des Rheins. "Passeur" ist auch der Fluchthelfer. Gewissermaßen geflohen ist Rainer Rochlitz 1967 aus dem Bonner "Treibhaus" – er brauchte frische Luft. Der junge Romanist und Philosoph gelangte über Florenz zunächst nach Bordeaux. Als er von dort nach Frankfurt zurückkehren wollte, erfuhr er vom Tod Adornos und ging stattdessen nach Paris. Lucien Goldmann, mit dem er eine Dissertation über den jungen Lukács verabredet hatte, starb ein Jahr später. Wiederum ein Jahr darauf beging Peter Szondi, mit dem er inzwischen Kontakt aufgenommen hatte, um seine Arbeit in Berlin abzuschließen, Selbstmord. Rochlitz blieb in Paris, habilitierte sich schließlich an der Sorbonne, heiratete, wurde 1981 französischer Staatsbürger – und konnte sich erst dann in der akademischen Welt Frankreichs etablieren.
Wie seine höchst originellen Arbeiten zur Ästhetik von Lukács, Benjamin und Adorno zeigen, war Rochlitz ein Philosoph aus eigenem Recht.