"Überraschung", "Linksruck" und "Instabilität" lauten die Schlagworte, mit denen die Kommentatoren den Ausgang der kanadischen Wahlen vom 28. Juni 2004 beschreiben. In der Tat ist das Wahlergebnis eine faustdicke Überraschung vor allem für jene Demoskopen, die noch bis zum Wahltag ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der regierenden Liberal Party unter Premierminister Paul Martin und der oppositionellen Conservative Party of Canada vorausgesagt hatten. Stattdessen werden die Liberalen mit 36,7 Prozent der Stimmen (135 Abgeordnete) vermutlich eine Minderheitsregierung stellen können und damit die Konservativen, die lediglich 29,6 Prozent (99 Sitze) erlangten, klar auf Platz 2 verweisen. Die sozialdemokratische New Democratic Party (NDP) verdoppelte ihren Anteil auf 15,7 Prozent (19 Sitze). Die Grünen errangen einen Achtungserfolg mit 4,3 Prozent, blieben aber aufgrund des Mehrheitswahlrechts ohne Abgeordnete. Überrascht hat auch das gute Abschneiden des nur in der frankophonen Provinz Québec angetreten Bloc Québécois mit landesweit 12,4 Prozent (54 Abgeordnete).
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.