Vom antifaschistischen Allheilmittel zum antidemokratischen Reformhemnis
Seit etlichen Jahren beklagen Politiker und Wissenschaftler beredt den Zustand unserer Verfassung, vornehmlich ihres Bauprinzips, sprich: des deutschen Föderalismus. "Die Balance ist verloren gegangen"1, heißt es; von "ausuferndem Föderalismus" ist allenthalben die Rede. Und sorgenvoll vermerken kundige Zeitgenossen, dass die Öffentlichkeit keine Kenntnis hat von den "schweren Mängel(n) und Verzerrungen unseres gegenwärtigen föderalen Systems".2 Statt sich durch Bürgernähe und kreative Dezentralisierung auszuzeichnen, habe sich der föderative Staat immer mehr zum bürokratischen Moloch entwickelt, zum verkappten Einheitsstaat mit einem Dschungel aus Verflechtungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und einem Finanz-Wirrwarr ohnegleichen. Nicht zu vergessen die Macht des Bundesrats, der von den jeweiligen Oppositionsparteien zur Blockade des Gesetzgebungsprozesses instrumentalisiert werde.
Man ist sich also in den letzten Jahrzehnten zunehmend einig geworden, dass der Föderalismus in Deutschland "reformbedürftig" ist, ja, dass eine "Fundamentalreform" Not tue. Der Befund zur desolaten Lage des Föderalismus in Deutschland ist einhellig; der Ministerpräsident von Nordrhein- Westfalen, Peer Steinbrück, bringt ihn kurz und bündig auf den Punkt: "Zu umständlich, zu inflexibel, zu langsam und zu intransparent".