Ausgabe November 2005

Wenn der Souverän gesprochen hat

Die Stunde der Demokratie

Nun also die große Koalition der großen Verlierer: Angela Merkel, deren schwarz-gelbes Angebot beim Wahlvolk ebenso durchfiel wie Gerhard Schröders 2010-Wiederbewerbung, löst letzteren ab und wird – so die schwarz-rote Vereinbarung vom 10. Oktober – Deutschlands erste Bundeskanzlerin.

Nun also die große Koalition der großen Verlierer: Angela Merkel, deren schwarz-gelbes Angebot beim Wahlvolk ebenso durchfiel wie Gerhard Schröders 2010-Wiederbewerbung, löst letzteren ab und wird – so die schwarz-rote Vereinbarung vom 10. Oktober – Deutschlands erste Bundeskanzlerin. Wenn es nach den starken Männern an ihrer Seite geht, allerdings eine Kanzlerin neuen Typs: Sollte sie von ihrer Richtlinienkompetenz (GG Art. 65) Gebrauch machen, ist die Koalition beendet, sagt Franz Müntefering. In einer Koalition annähernd gleich starker Partner, pflichtet CSU-Chef Stoiber ihm bei, kann es ein Direktions- und Weisungsrecht im klassischen Sinn nicht geben. Und die paritätische Postenbesetzung im künftigen Kabinett wird ganz ausdrücklich damit begründet, keine Seite solle die andere überstimmen können. Ein „Durchregieren“, wie es Merkel in Vorwahleuphorie avisiert hatte, erscheint in dieser Konstellation nicht sonderlich realistisch. Darüber muss man nicht traurig sein.

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Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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