Ausgabe April 2007

Die Lektion des Kalten Krieges

Wer noch weiß, was Kalter Krieg war, fühlte sich Mitte Februar bei der Lektüre deutscher Zeitungen um fünfzig Jahre zurückversetzt. Er spürte, wie die Angst und Arroganz, die sich einst gegen die Sowjetunion richteten, heute weiterleben, nicht als offene Feindschaft wie damals, aber als untergründiges dumpfes Ressentiment gegen Putins Russland.

Der Präsident hatte auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine Rede gehalten, in der er den Vereinigten Staaten unverblümt vieles vorwarf, das auch manche Westeuropäer ihrem großen Verbündeten vorwerfen. Aber wenn ein Russe das sagt, ist es etwas anderes.

Im Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 12. Februar bildete nicht das Ereignis, Putins forsche Rede, die Hauptsache, sondern die Reaktionen auf das Ereignis. Nicht ein Wort des Präsidenten gab die Schlagzeile, sondern die Antwort des amerikanischen Verteidigungsministers. Nicht Putins Ausführungen standen am Anfang des Berichts, sondern die Entgegnungen von Amerikanern, Tschechen, Holländern. Was Putin gesagt hatte, erfuhr der Leser erst am Ende der zweiten Seite. So wurde auch in den Zeiten des Kalten Krieges berichtet. 1

Und kommentiert: Da Amerika eine Demokratie und Russland eine Demokratur ist, ergibt sich für jeden stolzen deutschen Demokraten von selbst, wer Recht hat und wer nicht.

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