Am Ende hat er sich verzockt. Mit feuchten Augen gab Bundeskanzler Alfred Gusenbauer seinen Verzicht auf die Spitzenkandidatur der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) bei den Ende September stattfindenden Neuwahlen bekannt. Anstatt seiner soll nun Infrastrukturminister Werner Faymann in den Ring steigen.
Wenige Stunden zuvor hatte der Chef der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), Wilhelm Molterer, öffentlichkeitswirksam in einer eigens dafür einberufenen Pressekonferenz den Ausstieg seiner Partei aus der Koalition verkündet und die Schuld am Koalitionsbruch auf die Kanzlerpartei geschoben: Die SPÖ sei „orientierungs- und führungslos“, so der Vizekanzler, und „beschäftige sich nur mit sich selbst“; „zu gemeinsamen Lösungen“ sei sie „nicht mehr fähig“. Nun sei es Zeit, „Klarheit“ zu schaffen.
In der Tat waren die Sozialdemokraten in den Wochen zuvor viel mit sich selbst beschäftigt gewesen. Zuerst begegnete der Bundeskanzler der zunehmenden innerparteilichen Kritik infolge verlorener Landtagswahlen in Tirol und Niederösterreich mit der Beförderung seines schärfsten Konkurrenten Faymann zum „Geschäftsführenden Vorsitzenden“.
Populistischer Schwenk der SPÖ
Sodann versuchte das neue Führungsduo den demoskopischen Befreiungsschlag und verkündete vollmundig einen radikalen Schwenk in der Europapolitik.