Ausgabe Mai 2008

Rückkehr des Staates?

In den letzten 20 Jahren war es im politischen Spektrum links wie rechts geradezu Mode, das Ende des Staates zu behaupten – insbesondere das Ende des Sozialstaates. Auf der einen Seite standen die neoliberalen Befürworter von Privatisierung, Liberalisierung und Vermarktlichung der Politik, die im klassischen Nationalstaat die zentrale Ursache für viele wirtschaftliche Probleme wie hohe Inflation, hohe Arbeitslosigkeit oder hohe Verschuldung sahen.1 Auf der anderen Seite antworteten ihnen Autoren – nicht zuletzt auch aus neo-marxistischer Sicht –, die darauf hinwiesen, dass das internationale Finanzkapital die politische Handlungsfähigkeit des Nationalstaates untergrabe: Es zwinge die Staaten im Standortwettbewerb dazu, Steuern sowie Sozial- und Umweltschutzstandards zu senken, mithin also in einen Unterbietungswettlauf, ein race to the bottom, einzutreten, an dessen Ende der minimale Workfare State des Joseph Schumpeter stehe.2

Beide Seiten – das ist leicht ersichtlich – unterscheiden sich nur in der Einschätzung dieser Situation. Während die neoliberalen Ökonomen in der Regel die Entwicklungen sehr begrüßten, sahen die linken Kritiker darin einen sozialen Rückschritt – hin zu besonders ausgefeilten Formen der Ausbeutung.

Sie haben etwa 5% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 95% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema