Plädoyer für ein EU-Volk jenseits des Homo Europaeus
Im 15. Jahrhundert landeten die Spanier auf den Kanarischen Inseln und entdeckten die Guanchen. Papst Eugen IV. erklärte sie 1434 per Erlass zu „Menschen“ und gar zu „freien Leuten“ – immerhin waren die Guanchen nach spanischen Berichten „groß, blond und blauäugig, wenn auch dunkelhäutig“ und damit ganz nah am „europäischen Menschen“, dem homo europaeus.
Heute stranden auf den Kanaren täglich dutzende Bootsflüchtlinge. Sofern sie es dauerhaft ins EU-Hoheitsgebiet schaffen, unterliegen die Flüchtlinge wie Millionen andere bereits in Europa lebende „Ausländer“ dann einer anderen, modernen und vorgeblich politisch korrekten Kategorisierung mit all ihren Implikationen. Allerdings ist es heute nicht mehr die Geistlichkeit, die die Menschen zu „freien Leuten“ erklärt, sondern die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten. Sie definieren die Menschen auf ihrem Territorium als „EU-Bürger“, „Drittstaatsangehörige“, „(De-facto-)Flüchtlinge“ oder schlicht als „Illegale“.
Doch welcher Kategorie man angehört, hat umfassende Auswirkungen – nicht zuletzt auf die Möglichkeiten politischer Partizipation.