Ausgabe Januar 2011

Rechtsstaat? Ausgeschafft!

Aus ist aus. Das gilt im Fußball wie im richtigen Leben, meint aber nicht immer dasselbe. Zwischen dem ersten Kompositum mit „aus“ in Dudens sechsbändigem „Großen Wörterbuch“ (1976) – „ausagieren“ – und dem letzten – „auszupfen“ – liegt alles zwischen Leben und Tod, Größe und Gemeinheit, Genie und Wahnsinn. Im Schweizerdeutschen gibt es zusätzlich noch einige alpine Spezialitäten – vom traditionellen „Ausapern“ von Skipisten bis zum „Ausschaffen“ von Ausländern und Flüchtlingen.

Initiator der „Ausschaffungsinitiative“ war, wie könnte es anders sein, Christoph Blocher, Chef der „Schweizerischen Volkspartei“, der sich mit der „Ausschaffung“ von Waren in alle Welt ein Milliardenvermögen erworben hat.

Mit der Volksabstimmung vom 28. November hat es nun Schweizer Verfassungsrang gewonnen, das automatische „Ausschaffen“ von Ausländern, die mit dem Strafgesetz in Konflikt geraten sind. Ob es sich dabei um Mord, Vergewaltigung oder einfachen Diebstahl handelt, spielt keine Rolle. Das widerspricht zwar diversen rechtsstaatlichen Prinzipien, wie der Einzelfallbeurteilung, der Verhältnismäßigkeit und dem Verbot der Doppelbestrafung für ein und dasselbe Delikt.

Sie haben etwa 36% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 64% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (9.50€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Verbrecherische Komplizen: Libyen und die EU

von Sigrun Matthiesen, Allison West

Es war ein Tiefpunkt in der Geschichte der Seenotrettung: 20 Minuten lang beschoss am 24. August ein Patrouillenboot der libyschen Küstenwache die Ocean Viking, ein Rettungsschiff der Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée.

Von Milošević zu Trump: Die bosnische Tragödie und der Verrat an den Bürgerrechten

von Sead Husic

Es herrschte keine Freude bei der bosnisch-herzegowinischen Regierungsdelegation am 22. November 1995 auf dem Wright-Patterson-Luftwaffenstützpunkt in Dayton. Eben hatte sie dem Friedensabkommen mit der Bundesrepublik Jugoslawien, die noch aus Serbien und Montenegro bestand, und Kroatien zugestimmt, doch sie fühlte sich betrogen.