Ausgabe Juni 2012

Italien: Ruine der Demokratie?

Silvio Berlusconi, wenn auch weitgehend aus der TV-Öffentlichkeit verschwunden und mit seinen Prozessen beschäftigt, ist immer noch da. Heute mit Staatspräsident Napolitano dinierend und morgen mit seinem Nachfolger Monti, hat er das Heft des Handelns weiter in der Hand – jedenfalls solange sein Volk der Freiheit (PdL) noch das Parlament dominiert, von dem die Ratifizierung aller Dekrete und Gesetze abhängen und damit auch der Verbleib Mario Montis an der Macht. Doch da Berlusconi von seinen Wählern inzwischen weitgehend verlassen wurde, wird er Monti nicht zu Fall bringen. 

Bei den Kommunalwahlen Anfang Mai, die fast zehn Millionen Wähler in landesweit etwa 1000 Gemeinden betrafen und somit als Test für die Regierungspolitik gelten, haben die rechten Parteien – PdL, Lega Nord und Dritter Pol – nämlich haushoch verloren. Das komplexe Ergebnis stärkt dagegen die vielen lokalen Listen, die jenseits der Parteien angetreten sind oder Politiker ohne Parteiemblem recyceln. Es ist eine Ohrfeige für die etablierte „Kaste“ insgesamt. Lediglich die Demokratische Partei (PD) von Pierluigi Bersani hat sich einigermaßen gehalten; auch in ihr gibt es jedoch zentrifugale Kräfte, die den nationalen Schulterschluss mit Monti zunehmend für eine Zwangsjacke halten.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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